In Davos kommen momentan viele Grössen aus Wirtschaft und Politik zusammen: Mit ein wenig Verspätung findet das jährliche World Economic Forum (WEF) statt. Unter den geladenen Gästen ist auch Jaggi Vasudev, besser bekannt als Sadhguru.
Der indische Guru spricht am WEF über sein Projekt #SaveSoil, mit dem er weltweit auf das Thema der Übernutzung der Böden aufmerksam machen will. Sadghuru ist nicht nur spiritueller Lehrer, sondern auch Influencer und Klimaschützer. Doch sein Engagement wird auch kritisiert.
Der Influencer-Yogi
Jaggi Vasudev ist einer der einflussreichsten Personen Indiens. Der Hindu-Guru gründete 1992 die Isha-Foundation, eine Organisation, die das Wohlbefinden, das «Wellbeing», der Menschen durch Yoga-Praktiken erreichen möchte.
Durch die Isha-Foundation erlangte Sadhguru internationale Bekanntheit, heute folgen ihm auf Instagram acht Millionen Menschen.
Dass Sadhguru ans WEF eingeladen wurde, zeige, wie einflussreich der Guru sei, meint die Religionswissenschaftlerin der Universität Zürich Nina Rageth. Es überrasche auch nicht: «Sadhguru ist ein grandioser Redner. Er hat eine Anziehungskraft.»
Der Modi-nahe Motorrad-Guru
Seine Bekanntheit nutzt er mit Erfolg: Auf seiner #SaveSoil-Tour, für die er mit dem Motorrad einmal um die Welt reist, haben sich bereits viele wichtige Persönlichkeiten aus der Politik die Zeit genommen, dem Guru zuzuhören. Da wird er häufig gelobt für seinen unermüdlichen Einsatz für die Umwelt.
Doch seine Person ist in Indien nicht unumstritten. Seine Nähe zur nationalistischen Regierung um Premierminister Narendra Modi ist bekannt.
Er äussere sich zwar nur selten direkt politisch, dennoch könne man von seiner Auffassung von Hinduismus auf die politische Einstellung schliessen: «Die Form des Hinduismus, für die Sadhguru steht, ist der neo-hinduistischen Bewegung zuzuordnen, die ganz eng mit nationalistischen Bestrebungen und Ideologien einhergeht», erklärt die Religionswissenschaftlerin.
Nicht nur seine politische Einstellung wird kritisiert. Ihm wird auch unterstellt, dass er sich nicht immer an das halte, was er in den Reden propagiert.
Luxus und Kapitalismuskritik
Er ist zum Beispiel ein vehementer Kritiker von Kapitalismus und betont immer wieder, dass dieser der Hauptverursacher der Klimakrise sei. Er selbst ist aber ein bekannter Uhren-Liebhaber und ein selbsternannter Töff-Fanatiker.
«Wohlstand und Luxus sind Aspekte, die für Sadhguru und für sein Selbstbild wichtig sind in seiner Inszenierung als Guru», so Nina Rageth. Das stehe klar im Widerspruch mit seinen Aussagen.
Sein Klimaaktivismus steht auch im Widerspruch mit den Vorwürfen, er habe das 63'000 Quadratmeter grosse Hauptquartier für die Isha-Foundation illegal in einem Naturschutzgebiet mit Elefanten-Korridor gebaut. Sadghuru weist diese Vorwürfe zurück.
Gut gemeint, schlecht geplant
Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt: Sadhgurus Engagement für das Klima ist nicht neu. Zum Beispiel startete er 2019 das Projekt «Cauvery Calling», mit dem Ziel 2.4 Milliarden Bäume entlang des Flusses Cauvery zu pflanzen, um diesen zu revitalisieren.
Für das Projekt erhielt die Isha-Foundation internationale Unterstützung. Ein Zusammenschluss indischer Klimaschutzorganisationen warnte aber eindringlich vor den verheerenden Folgen dieses Projekts. Sadhguru habe die lokalen ökologischen Eigenheiten nicht berücksichtigt.
«Was seine letzte Kampagne bestimmt gezeigt hat, ist, dass Sadhguru kein Naturwissenschaftler ist», betont die Religionswissenschaftlerin Nina Rageth. Ihm wird von Naturwissenschaftlerinnen oft unterstellt, sich pseudowissenschaftlichen Narrativen zu bedienen.
Vom Akteur zum Botschafter
Auch heute bei seiner #SaveSoil Kampagne schlägt der Guru sehr einheitliche Lösungsvorschläge vor. Doch sein Auftreten sei heute anders als noch bei «Cauvery Calling», beobachtet Nina Rageth: «Jetzt ist er eher wie ein Botschafter eines Umweltanliegens unterwegs und nicht als ein Akteur, der Strategievorschläge einbringt».
Dies liesse hoffen, dass Jaggi Vasudev aus der Vergangenheit gelernt habe und dass er die Ausarbeitung konkreter Lösungen bei #SaveSoil den naturwissenschaftlichen Experten überlässt.