«Gotthard» – Darsteller und ihre Rollen
1. Anna Tresch, Tochter des Fuhrhalters Anton
Anna Tresch ist die Tochter des Fuhrhalters Anton. Seit dem Tod ihrer Mutter führt sie dem Vater den Haushalt und organisiert die Fuhren über den Pass. Dabei hat Anna rechnen gelernt. Sie rechnet alles aus. Ihre Kosten, ihren Gewinn, ihre Chancen. Anna sieht die Gefahr für den elterlichen Betrieb durch den Bau des Tunnels ganz klar. Aber anders als ihr Vater Anton stellt sich Anna nicht gegen die neue Zeit. Sie ist ein Teil von ihr. Wo gab es das schon mal? Tausende von Arbeitern aus aller Herren Länder kommen ins Dorf. Das ist aufregend, das ist neu. Das liegt ihrem jungen, aufgeschlossenen Wesen.
2. Tommaso Lazzaroni, Mineur
Tommaso Lazzaroni ist ein Mineur aus dem Piemont. Seit seiner Kindheit arbeitet er auf den Tunnelbaustellen Europas. Zuletzt am gerade fertig gestellten Mont Ceni-Tunnel. Die Arbeitsbedingungen sind überall gleich schlecht. Knochenarbeit, schlechte Luft, unerträgliche Hitze und die unvermeidliche Staublunge setzen den Arbeitern zu. Mineure wie Tommaso sind gefragte Spezialisten, aber für das Öl ihrer Lampen, sowie ihre Versicherung müssen sie selbst bezahlen. Tommaso benennt die unhaltbaren Zustände offen und wird er bald der Wortführer der Mineure. Das macht ihn bei der Tunnelbaugesellschaft unbeliebt. Man versucht ihn los zu werden. Wenn er nicht so ein verdammt guter Mineur wäre...
3. Max Bühl, angehender Ingenieur
Max Bühl ist der Sohn eines Bauunternehmers aus dem Schwarzwald. Als er von dem «Jahrhundertprojekt Gotthard-Tunnel» liest, lässt er alles stehen und liegen, um in Göschenen mit zu arbeiten. Der geniale Tüftler ist elektrisiert von den Möglichkeiten der neuen Zeit. Wissbegierig saugt er alles in sich auf. Sein Blick ist streng lösungsorientiert. Sein Wahlspruch ist einfach: «Wenn du zu viele Hindernisse siehst, verlierst du das Ziel aus den Augen.» Diese Geschichte wimmelt nur so von Hindernissen. Der Berg sperrt sich wie kein anderer zuvor. Die Arbeiter krepieren und Anna Tresch macht ihm schöne Augen. Dass der Berg acht Jahre später dennoch durchbrochen wird, ist auch diesen beiden zu verdanken.
4. Louis Favre, Bauunternehmer
Louis Favre, geboren in Chêne-Bourg, Genf, war der Bauunternehmer des Gotthard-Tunnels. Für den charismatischen Unternehmer existiert das Wort „unmöglich“ nicht. Er packt mit an, wo Not am Mann ist. Seine Intuition ist gross, – grösser vielleicht als sein geologisches Wissen. Als der erfolgsverwöhnte Unternehmer hört, dass die Gotthardbahngesellschaft den Bau des längsten Tunnels der Welt ausschreibt, ist ihm klar, dass er und kein anderer ihn bauen muss. Favre sticht seine Konkurrenten aus, akzeptiert selbst ruinöse Vertragsbedingungen, nur um den Zuschlag zu erhalten. Zahlen und Geld verachtet der Lebemann ohnehin. Favre wird die Vollendung des Gotthardtunnels nicht mehr erleben. Er stirbt zwei Jahre vor Fertigstellung während eines Tunnelbesuchs an Herzversagen.
5. Alfred Escher, Politiker und Gründer der ETH Zürich
Es gibt wohl kaum einen Politiker, der die junge Schweiz nachhaltiger geprägt hat als Alfred Escher. Der Nationalrat war Bahnunternehmer, gründete sowohl die spätere Eidgenössische Technische Hochschule als auch Crédit Suisse und war der langjährige Vorstand der Gotthardbahngesellschaft. Das «System Escher» katapultierte die Schweiz einerseits in die Neuzeit, war aber andererseits noch ganz der gründerzeitlichen Denkart verpflichtet. Die scheinbar unbegrenzte Machtfülle von «König Alfred» forderte seine Kritiker von der demokratischen Bewegung heraus. Die finanziellen Schwierigkeiten des Gotthardtunnels brachten ihn 1878 zur Abdankung.
6. Anton Tresch, Fuhrhalter
Anton ist der grösste Fuhrhalter in Göschenen. Seit Generationen transportiert seine Familie Ware über den Berg. Er kennt den Pass wie seine Westentasche. Anton ist ein Wanderer zwischen den Bergwelten Uris und des helleren Tessins. Er kennt das Massiv und spürt seine mystische Kraft ganz deutlich. Er weiss, dass er sich in einer Zeitenwende befindet, dass die Jahrhunderte alte Säumer-Tradition zu Ende geht, sobald der Tunnel gegraben ist. Waren werden künftig über den Schienenweg transportiert, anstatt mühselig über den Passstrasse geschafft zu werden. Und insgeheim spürt Anton, dass es auch für ihn selbst Zeit ist, Abschied zu nehmen vom Berg und von seiner Tochter Anna.
7. Maja Favre, Nichte von Louis Favre
Maja ist die Nichte des Bauunternehmers Louis Favre. Sie ist bei ihrem Onkel in Genf aufgewachsen und schlägt ganz nach ihm. Als Max in das Luzerner Büro der Compagnie Louis Favre versetzt wird, verliebt sie sich in ihn. Genau wie Max ist Maja besessen von geologische Formationen und Bergbautechnik. Sie ist – untypisch für die Belle Epoche – die Vertreterin eines neuen Frauentypus, denen das Eidgenössiche Polytechnikum, die spätere ETH in Zürich, die Chance eines Studiums bietet. So wird Maja die erste Schweizerin sein, die ihr Studium der Naturwissenschaften dort abschliesst.
8. Leo, Mineur unter falscher Identität
Leo stammt aus dem Tessin, dessen Lage zu Beginn der Tunnelarbeiten besonders prekär war. Der italienischsprachige Teil der Schweiz fühlte sich nie richtig zugehörig zur übrigen Eidgenossenschaft. Die Versprechungen, der Tessin werde durch den Tunnel besser erschlossen, waren so mehr als verheissungsvoll. Zuvor waren Leos Vater und ihre Brüder nach Amerika ausgewandert. Zurück blieben Frauen und Kinder, die zu wenig verdienten, um die Familie alleine ernähren zu können. Also nimmt Leo die Identität ihres Bruders an und verdingt sich als Laufbursche im Gotthard-Tunnel, – und das obwohl der Aberglauben Frauen im Tunnel strengstens verbietet.
9. Riedinger, Akkordant
Für mittlere Leitungsposten am Bau der Gotthard-Tunnels wurden Österreicher oder Deutsche herangezogen. Insbesondere Tiroler Bergleute konnten hier Erfahrung einbringen, als Vorarbeiter, Bauaufsicht und Akkordanten, so wie Riedinger einer ist. Er wird nach Vortrieb bezahlt. So weit war das frühkapitalistische Prinzip in den Berg vorgedrungen. Riedinger setzt alles daran, das Letzte aus den Männern herauszuholen, was ihn bei den Arbeitern zu einer verhassten Person macht. Vor allem bei den Italienern, welche die Mehrheit der Arbeiter auf der Tunnelbaustelle stellen.