Die Bilder gingen weltweit durch die Presse: Der ehemalige König Juan Carlos I., wie er 2012 als damaliger Ehrenpräsident des WWF Spanien mit einem Gewehr in der Hand in Botswana vor einem toten Elefanten posiert. Drei Jahre später sorgte der Abschuss des Löwen Cecil in Simbabwe durch einen amerikanischen Zahnarzt international für Empörung.
In Europa verschärften daraufhin Holland und Frankreich das Importverbot für Jagdtrophäen bedrohter Tiere massiv. Mittlerweile will auch Boris Johnson in England das «Trophy Hunting» strenger reglementieren.
Grosswildjagd in Afrika, organisiert aus der Schweiz
Eric von Schulthess ist Jäger und Präsident des «Jagdrevier 5» im Kanton Solothurn. Seit 2010 bietet er über seine Firma Capra Adventures weltweit Jagdreisen an. 20 Prozent seiner Kundschaft kommen aus der Schweiz, 70 Prozent aus Europa, der Rest vor allem aus den USA, selten aus Russland.
In der Schweiz kann man professionelle Jagdanbietende, die auch Grosswildjagden in Afrika durchführen, an einer Hand abzählen. Capra Adventures organisiert in Mosambik, Mauritius, Namibia und Südafrika Jagden auf Kudus, Impalas, Warzenschweine, Nilpferde, Leoparden, Löwen und Elefanten. Die Kundschaft sei vielfältig, sagt von Schulthess: «Sie reicht vom Handwerker bis zum Professor.»
Da das Thema Grosswildjagd viele Gemüter erhitzt, geben Schweizer Trophäenjäger nicht gerne Auskunft über ihr Hobby. Warum es sie nach Afrika zieht, beantwortet von Schulthess stellvertretend: «Es sind die anderen Tierarten, die den Reiz ausmachen.»
Die Jagd selbst unterscheide sich nicht von der hiesigen: «Wir begeben uns hier und dort auf Pirschjagd.» Wenn ein zum Abschuss freigegebener älterer Elefant im Buschland unauffindbar bleibe, müsse der Jäger ohne Trophäe nach Hause fliegen.
Ein teures Hobby
Für eine 14-tägige Elefanten-Jagdreise in Namibia verlangt Capra Adventures rund 25'200 US-Dollar. Hinzu kommt die «Erlegergebühr» von 8250 US-Dollar. Die Hälfte dieses Betrags gehe an die Landeigentümer vor Ort. Ebenso das Fleisch des erlegten Tieres.
«Auf einer von uns organisierten Grosswildjagd ballert niemand einfach rum», so von Schulthess. In Namibia werde ausserdem jede Jagd durch zwei Vertreter der Regierung streng überwacht.
Seit 1970 ist die Wildtierpopulation weltweit um mehr als die Hälfte geschrumpft. Dennoch warnt auch die Weltnaturschutzunion IUCN davor, die Grosswildjagd pauschal zum Sündenbock zu machen.
Laut IUCN gäbe es zwar Fälle von schlecht durchgeführter und regulierter Jagd: aufgrund schwacher Regierungsführung, Korruption, mangelnder Transparenz, überhöhten Quoten, illegaler Jagd, schlechter Überwachung. Angesichts des starken Konkurrenzdrucks auf den Lebensraum von Wildtieren und der weit verbreiteten Wilderei könne die Trophäenjagd aber durchaus einen positiven Beitrag zum Naturschutz und zum lokalen Lebensunterhalt leisten.
Politische Vorstösse bisher erfolglos
In der Schweiz setzten sich Tierschutzorganisationen sowie grüne und grünliberale Parlamentarierinnen wiederholt für ein Importverbot von Jagdtrophäen gefährdeter Tiere ein – ohne Erfolg. Der Bundesrat begründete seinen Entscheid damit, dass ein Verbot lediglich dazu führe, dass sich der Handel in Länder ohne Importverbote verlagern würde.
Ausserdem würde das CITES-Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen massgeblich dazu beitragen, dass Flora und Fauna geschützt würden. CITES erlaubt die Jagd auf bedrohte Wildtiere, solange der Anteil der Abschüsse die Spezies nicht schwächt.
Die lokale Bevölkerung stärker einbinden
Der preisgekrönte Journalist Emmanuel Koro lebt in Johannesburg und hat sich auf Umwelt- und Entwicklungsthemen im südlichen Afrika spezialisiert. In einem Artikel schreibt er: Tierrechtsgruppen würden der Bevölkerung in Kenia verwehren, von der kontrollierten Jagd zu leben – mit der Folge, dass die Gemeinden keinen Grund sähen, die Wildtiere zu schützen. So würden die Tiere vermehrt unkontrolliert von Wilderern getötet.
Koro fordert, dass das Schicksal der afrikanischen Wildtiere in die Hände der indigenen Gemeinschaften gelegt werden müsse. Schliesslich seien sie es, die mit den Löwen und Elefanten zusammenlebten. Alles andere sei neokoloniales rassistisches Denken.
Namibia geht neue Wege
Auch der WWF hat grundsätzlich die Erfahrung gemacht, dass im Naturschutz Massnahmen besonders wirksam sind, wenn die Bevölkerung von ihnen profitiert. «Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass ein wesentlicher Teil der Einnahmen aus dem Jagdtourismus den Menschen vor Ort und dem Naturschutz zugutekommen», sagt Doris Calegari, Verantwortliche für den Artenschutz beim WWF Schweiz.
Ein Beispiel für nachhaltig verwaltete Gebiete sind die «Communal Conservancies» in Namibia: Schutzgebiete, in denen die Regierung der Bevölkerung die Verantwortung über ihre Wildbestände abtrat und sie zu Wildhütenden im Auftrag ihrer eigenen Kommunen machte. Die Schutzgebiete erstrecken sich über eine Fläche von 166'000 Quadratkilometern – was der Grösse Tunesiens und 20 Prozent der Fläche Namibias entspricht. Sie ermöglichen 225'000 Mitgliedern und somit 9 Prozent der Bevölkerung ein Einkommen.
Auch der Langzeiteffekt auf die Wildtierbestände ist in diesem Fall laut WWF messbar: Im Nordwesten Namibias lebe heute die weltweit einzige freilebende Population an Spitzmaulnashörnern. Ausserdem sei der Populationstrend im Land seit 1995 bei Elefanten, Löwen, Giraffen zunehmend.
Unterschiedliche Ansätze, gleiches Ziel
Dennoch sucht der WWF stets nach Artenschutzansätzen, die ohne Jagdtourismus auskommen: Er leistet landwirtschaftliche Beratungsdienste oder hilft dabei, den Zugang zu Märkten zu erleichtern.
Die Entscheidungshoheit liege aber in jedem Fall bei der indigenen Bevölkerung, hält Calegari fest. «Wir in der Schweiz und Europa können ganz schnell fordern, dass Elefanten und Löwen weltweit erhalten werden müssen. Mit den Tieren zusammenleben müssen aber nicht wir.»
Jagdreisen-Anbieter Eric von Schulthess betont seinerseits, dass nicht die Jäger das Problem seien, sondern die Wilderer. «Als Unternehmer und Jäger habe ich kein Interesse, dass eine Tierart auf dem Globus überbejagt wird. Jagd muss fair sein. Hier und in Afrika.»