Albumtipp
Diese Briten gehen ab: Das Debütalbum von Yard Act traf vor zwei Jahren so punktgenau ins Schwarze, dass sich sogar Elton John als Fan der Band outete – und schlussendlich sogar einen gemeinsamen Track mit dem Quartett aus Leeds aufnahm. Nun soll das neue Album «Where’s My Utopia» die Bestätigung sein: Britischer Indie für die Disco, angereichert mit viel Zynismus. Egal ob «We Make Hits» oder «When the Laughter Stops» – hinter jeder Parole, die hier geschwungen wird, steckt das unübersehbare Augenzwinkern. (Luca Bruno)
Ausstellungstipp
Das Museum ist der schönere Garten: Im Aargauer Kunsthaus lassen sich Floristinnen und Floristen von Werken der Sammlung zu floralen Arrangements anregen. Aus einem poppigen Kunstrasenhügel gucken knallige Gerbera-Tupfen, Mimosen zwischen Lichtschachtgittern spielen Industriegebiet und eiswaffelförmige Vasen schweben in einer Art Mobile von der Decke – jede Vase mit einem dicken Blütenkopf gefüllt. Floristik kann eindeutig mehr, als nette Muttertagssträusschen binden! (Alice Henkes)
Kinotipp
Ein halber Coen: Ob «No Country for Old Men» oder «Fargo» – hinter den smarten Kinohits standen 40 Jahre lang die Coen-Brüder als Duo. Nun aber hat Ethan Coen eine Komödie geschrieben und inszeniert, für die er nicht mit seinem Bruder Joel zeichnet, sondern mit seiner Frau Tricia Cooke. «Drive Away Dolls» heisst das rasante Road-Movie um clevere Lesben, dümmliche Gangster und einen korrupten Politiker. Die Story ist im Jahr 1999 angesiedelt, zielt aber mit den Mitteln der Screwball-Komödie der 1930er-Jahre erfolgreich darauf, neokonservativen Trump-Anhängern maximal auf die Nerven zu gehen. (Michael Sennhauser)
Konzerttipp
Opernrarität mit Surround-Sound: In den 1960er-Jahren war es noch nicht möglich, Musik über aufwändige Surround-Anlagen in perfekter Qualität in einen Zuschauerraum abzuspielen. Doch der polnisch-israelische Komponist Roman Haubenstock-Ramati war ein Avantgardist und Visionär. Er komponierte damals eine ganze Oper, die auf dieser Technik basiert. «Amerika» ist die Vertonung des gleichnamigen Romanfragments von Franz Kafka, die das Opernhaus Zürich mit riesigem Effort neu auf die Bühne gebracht hat. Zusammen mit der fantasiereichen und optisch sehr ansprechenden Inszenierung von Sebastian Baumgarten klingt und wirkt die Oper nun so, wie sie sich Haubenstock-Ramati einst ausgedacht hat: Stimmen und Instrumente erklingen durch die Lautsprecher von allen Seiten und lassen das Publikum darin eintauchen. (Moritz Weber)
Literaturtipp
Literaturgeschichte neu erzählt: Sie war die wohl einflussreichste Schriftsteller-Vereinigung, die es in Deutschland jemals gab: die sagenumwobene Gruppe 47. Und sie war im Wesentlichen ein Männerbund. Doch neben den bekannten Autorinnen Ilse Aichinger und Ingeborg Bachmann gab es noch einige mehr. Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert widmet den vergessenen Frauen der Gruppe 47 und ihren Werken nun ein neues Buch. Dieses liest sich genauso süffig wie lehrreich. (Lea Dora Illmer)