Die F+F entstand in den 1970er-Jahren als Abspaltung der damaligen Kunstgewerbeschule. Den Auslöser dafür gab die Klasse «Form und Farbe». Diese Klasse unterrichteten Hansjörg Mattmüller, Peter Jenny, Serge und Doris Stauffer, die mit neuen Formen der Schulgestaltung experimentierten.
«Sie haben so viel experimentiert, dass die Kunstgewerbeschule unzufrieden war», sagt der Kulturanthropologe Michael Hiltbrunner, der die Geschichte der F+F aufgearbeitet hat.
«Aber die kreativen Leute in der Schweiz fanden es toll.» Die Klasse habe im März 1970 beschlossen, aus der Schule auszutreten. Sie gingen an die Medien. Die Eltern der Klasse solidarisierten sich, es gab eine grosse Bewegung.
«Was finden Sie banal?»
Damals gab es keine Kunstausbildung, die dem Zeitgeist nach 1968 entsprach. Die «F+F Schule für experimentelle Gestaltung» löste das ein, sie war ein offenes Labor. Eine Ausbildung jenseits von Fachdisziplinen und Diplomen. Es gab viele Kurse und eine Tagesklasse, in die man jederzeit ein- und austreten konnte. Der Unterricht war eine Herausforderung.
«Wer in die Tagesklasse eintrat, gerne zeichnete und malte, wurde damit konfrontiert, dass das nicht angesagt war», sagt Michael Hiltbrunner. Man habe erwartet, dass die Schülerinnen und Schüler im Park eine Aktion durchführten, dass sie im Kollektiv arbeiteten.
Diese Art von Kunst – Happenings, Aktionen, Performances – war Neuland. Neben dem Ästhetischen und Technischen war das Soziale zentral. So tappte Klaudia Schifferle mit einer Augenbinde blind durch Zürich. Peter Trachsel verschickte Briefe, an Franz Hohler etwa oder Meret Oppenheim, mit der Frage: «Was finden Sie banal?»
Begegnung mit Beuys
Kritisches, forschendes Denken und ein Bewusstsein für aktuelle Probleme wurden Teil der Gestaltungslehre. Das zog Menschen an, die in der 68er-, Frauen- und 80er-Jugendbewegung aktiv waren.
«Es gab Leute, die waren am Tag an der Demo und abends am Kurs. Diese Verschränkung mit dem politischen Aktivismus wurde von der Schule unterstützt», sagt Hiltbrunner. Es sei Teil der eigenen Emanzipation gewesen, diesen Aufbruch nicht zu unterbinden.
Der Mut zum Aufbruch spiegelte sich im anarchistischen, experimentellen Geist der Schule. Das fand auch international Beachtung. Die Schule wurde 1976 an die Biennale in Venedig eingeladen und konnte im Kunsthaus Zürich ausstellen.
«An der documenta traf sie Joseph Beuys», sagt Hiltbrunner. Teil dieses Netzwerks zu sein, sei ein grosser Vorteil gewesen. Aber es habe auch geheissen, dass man ausserhalb der Kulturszene ein schwarzes Tuch war.
Geschichte als Aufforderung
Einige Absolventen verschwiegen darum, dass sie auf der F+F waren. Andere organisierten sich selbst oder wurden auf anderen Wegen bekannt – so wie Musiker Stephan Eicher, Modefotograf Walter Pfeiffer oder Klaudia Schifferle, die mit ihren Bands Kleenex und LiLiPUT international aktiv war.
Und heute? International mache die Schule wieder auf sich aufmerksam, weil sie die eigene Geschichte aufdecke und zu dieser stehe, sagt Michael Hiltbrunner. Das sei eine Chance, das Gemütlich-Werden, das Formalistische selbstkritisch zu betrachten und sich in diese geschichtliche Linie zu stellen. «Die Geschichte ist heute für die Schule eine Aufforderung geworden», meint der Kulturanthropologe Michael Hiltbrunner.