Am Ende wurde Georges Lotfi seine Selbstsicherheit zum Verhängnis. Noch im vergangenen Jahr hatte der 81-jährige Antikenhändler die New Yorker Behörden in sein Warenlager in New Jersey eingeladen, um ihnen die Kostbarkeiten zu zeigen, mit deren Kauf und Verkauf er sich sein internationales Renommee verschafft hatte.
Dazu gehörten Mosaike aus dem antiken Syrien und 2000 Jahre alte Marmorskulpturen aus dem Libanon. Diese Preziosen hat die New Yorker Staatsanwaltschaft nun beschlagnahmt. Gegen Georges Lotfi liegt ein Haftbefehl wegen Hehlerei und illegalen Handels mit Kulturgütern vor.
Ein Erfolg – und eine Ohrfeige
Was zweifellos ein massiver Schlag gegen den internationalen Antikenschmuggel ist, ist allerdings ebenso zweifellos eine massive Ohrfeige für die Verbrechensbekämpfer.
Denn während Georges Lotfi Kulturschätze in grossem Stil verschob, etablierte er sich als wichtige Informationsquelle: Er versorgte Anti-Schmuggel-Einheiten mit wertvollen Tipps über das internationale Netzwerk des illegalen Handels und blieb dabei selbst unbehelligt. Kurz: Die Behörden liessen sich von ihm jahrelang an der Nase herumführen.
Lange wurde nichts unternommen
Das dezidierte Vorgehen gegen den gesetzwidrigen Handel mit antiken Gegenständen ist eine relativ neue Entwicklung. Noch vor 20 Jahren fragte kaum jemand nach der genauen Herkunft von archäologischen Objekten.
Museen verlangten bei Schenkungen keine lückenlosen Provenienzberichte, sondern empfingen solche Reichtümer mit grosser Dankbarkeit. So sind auch eindrückliche Sammlungen entstanden.
Heute ist das anders. Restitutionsfälle werden immer häufiger: Museen sind gezwungen, Gegenstände an die Ursprungsländer zurückzugeben, Auktionshäuser ziehen Werke zurück, weil sie sich als geraubt erwiesen haben.
Ranghohe Mitwisser
Ohne das Mitwissen von Händlern und Sammlern, von korrupten Beamten und von Kuratorinnen hätte der illegale Antikenhandel nie zu einem Millionengeschäft werden können.
Im Mai dieses Jahres wurde sogar der ehemalige Direktor des Louvre wegen Hehlerei angeklagt.
Mangelnde internationale Kooperation
Anders als bei Raubkunst aus der Nazi-Zeit gibt es zu antiken Kunstgegenständen keine international verbindlichen Regelungen. Es existieren zwar Abkommen für einzelne Länder – so etwa eines der Unesco für Kambodscha und Kulturgüter, die während des Pol-Pot-Regimes ausser Landes gebracht wurden. Aber insgesamt fehlt es an Koordination und Durchsetzungsvermögen.
Antike Gegenstände haben keine Lobby: Denn mit einem Relief, das von einem 3000 Jahre alten Tempel in irgendeinem Dschungel abgebrochen wurde, ist heute keine persönliche Geschichte, kein Schicksal mehr verbunden. Es geht um Kulturgüter, nicht um Privatbesitz. Für die Forderung nach Rückerstattungen sind Regierungen zuständig, und die haben meistens andere Sorgen.
Der Kunsthändler George Lotfi behauptet immer noch: «Ich habe nichts zu verbergen.» Die New Yorker Behörden derweil haben die Party zur Feier ihres Coups bis auf Weiteres vertagt. Die Nase, an der sie sich von Herrn Lotfi haben herumführen lassen, schmerzt zu fest.