Bis vor Kurzem zeigte das New Yorker Museum of Modern Art im fünften Stock seines Hauses Klassiker wie Picasso, Matisse und Picabia. Seit vergangener Woche hängen dort auch acht Werke von Kunstschaffenden aus dem Iran, dem Irak und dem Sudan – aus Protest gegen Donald Trumps Einreiseverbote.
Unverzichtbare Ideale
«Dieses Werk stammt von einem Künstler aus einem Land, dessen Bürgern die Einreise in die Vereinigten Staaten verwehrt wird», heisst es in der Beschriftung als Verweis auf Trumps Dekret vom 27. Januar 2017. Die Arbeiten würden gezeigt, «um die Ideale des Willkommens und der Freiheit als unverzichtbar für dieses Museum zu bekräftigen, wie sie es auch für die Vereinigten Staaten sind».
Eines der neu gehängten Werke stammt von Shirana Shahbazi. Die Schweizer Künstlerin mit iranischen Wurzeln lebt und arbeitet in Zürich. Als sie 2003 ein Stipendium der Stadt Zürich gewinnt, freut sie sich. Zuerst. Der Preis: Ein Jahr Atelieraufenthalt in New York. Als sie dort eintrifft, wird ihr die Einreise verweigert.
Das ist 14 Jahre her. Jetzt wird eines ihrer Werke im MoMa ausgestellt.
SRF: Wie haben Sie erfahren, dass das MoMA mit einem Ihrer Werke gegen Donald Trumps Einreisestopp protestiert?
Shirana Shahbazi: Aus dem Internet. Ein Freund hat mir den Link zu einem Artikel der «New York Times» geschickt. (lacht)
Sie haben wohl kaum etwas dagegen einzuwenden, dass Ihre Arbeit in diesem politischen Kontext verwendet wird?
Diese Aktion ist absolut in meinem Sinne, deshalb habe ich nicht einmal darüber nachgedacht. Aber die Arbeit gehört mir ja auch nicht mehr. Das MoMA darf es ausstellen, ohne mich zu informieren.
Was ist es für eine Arbeit, für die immerhin ein Klassiker abgehängt wurde?
(lacht) Auch das weiss ich aus der «New York Times»: Es sind drei farbige Kugeln – blau, rot und gelb auf schwarzem Grund. Es ist ein stilisiertes Stilleben. Eine grosse Fotografie, irgendwo zwischen Abstraktion und figurativer Darstellung.
Als Schweizerin iranischer Herkunft und mit deutschem Pass wird Ihre Arbeit gern gleich politisch gelesen. Wie politisch wollen Sie selber Ihre Arbeit verstanden wissen?
Das ist ein leidiges Thema. Als Mensch bin ich sehr politisch - als Künstlerin habe ich früh eine gewisse Distanz zu meiner Arbeit gesucht, weil es immer diesen Automatismus gibt: «Lass uns mit der Iranerin mal über die politische Situation reden.» Aber mit einer solchen Arbeit, die ja nie politisch gedacht war, gebe ich gern ein politisches Statement ab.
Es gibt in den USA viel künstlerischen Protest gegen Donald Trump. Bringt das etwas?
Eine müssige Frage. Ich bin glücklich, aus der Ferne einen Beitrag leisten zu können. Es ist für mich ein Geschenk, dass diese Arbeit jetzt im MoMA hängt. Als Zeichen. Als Kommentar. Als was auch immer.
Ich bin überzeugt, dass diese Proteste auf allen Ebenen wichtig sind. Es wäre falsch zu denken, das bringt nichts, also machen wir nichts. Ich bin glücklich, dass ich auf diese passive Art Teil davon sein kann.
Gesetzt den Fall, das MoMA frage Sie beim nächsten Mal an, welches Bild es von Ihnen zeigen solle. Was wäre Ihre Wahl?
Was ich mit einem bestimmten Bild sagen möchte, spielt in diesem Kontext keine Rolle. Es geht nur darum, dass ich wie viele andere von dem Erlass betroffen war.
Auch Trumps Bann ist ja nicht spezifisch gemeint. Er meint niemanden, sondern alle zusammen. Aber wer sind denn alle zusammen? Genau darum geht es doch.
Das Gespräch führte Stefan Gubser.
Sendung: Radio SRF, Nachrichten, 4.2.2017, 10 Uhr.