Er war noch Schüler an der Kunstgewerbeschule Zürich, als er die Schrift entwickelte, für die er bis heute international berühmt ist: «Schmalfette Grotesk» nannte Walter F. Haettenschweiler seine Schrift, die Microsoft zur Systemschrift erhob.
«Schrift mit Löchern»
Heute heisst der Schrifttyp schlicht «Haettenschweiler». «Ich habe nie einen einzigen Cent bekommen», sagte der Grafiker einmal. «Aber zumindest haben sie ihn nach mir benannt.»
«Haettenschweiler bezeichnete sie als eine Schrift mit Löchern», sagt Barbara Junod, Kuratorin der Ausstellung zu Haettenschweilers Gesamtwerk im Zürcher Toni-Areal.
«Bei seinen Schriftentwicklungen ging es oft um ein Wegnehmen und Hinzufügen von Licht. Dieses Spiel zwischen Schwarz und Weiss sollte in ein spannungsvolles Gleichgewicht gebracht werden. Die ‹Schmalfette Grotesk› hatte das.»
Ein Zuger für viele Fälle
Walter F. Haettenschweiler wurde 1933 als Sohn eines Chauffeurs in ein ländliches Umfeld geboren. Mit Kunst hatte niemand etwas am Hut. «Sein Vater wusste nicht einmal, was ein Grafiker ist», erzählt seine Tochter Sasha Haettenschweiler.
Die 62-Jährige ging wie ihre beiden Brüder beim Vater in die Grafiklehre. «Mein Vater hat mit 17 einen Weihnachtskalender mit Holzschnitten im Zuger Tagblatt veröffentlichen können.» Da habe er gemerkt: «Das Feld gehört mir.»
Dieses Feld hat Haettenschweiler in der Folge intensiv beackert: als Schriftgestalter, Grafiker und Künstler. Im Zürcher Toni-Areal hängen Schriftzeichnungen, Firmenlogos und Verpackungsdesigns neben seinen Kunstgemälden.
Er traf einen Nerv der Zeit
Haettenschweilers Werk ist ausgesprochen vielseitig. Er sei ein gutes Beispiel für viele andere Schweizer Gestalter in seiner Generation, sagt Kuratorin Barbara Junod. «Sie waren nicht spezialisiert, sondern konnten vieles: von Dekoration über Malerei bis Grafik.»
Vor allem Haettenschweilers Schriftgestaltungen trafen den Nerv der Zeit. Mitte der 1950er-Jahre begann der Zeitschriftenmarkt zu boomen. «Die Zeitschriften hungerten nach neuen Formen», so Barbara Junod.
Es gab Standard-Schriften. Man kannte damals die Helvetica, die Univers – verschiedene vom «Suisse Style» geprägte Schriften, die eher für Lese-Typografie geeignet waren. «Mit seinem Ideenreichtum geriet Haettenschweiler in eine Zeit hinein, die wie für ihn geschaffen war», sagt Junod.
Logos mit Löwen und anderen Lebewesen
Schriften waren das eine Standbein von Haettenschweilers Karriere. Das andere waren Firmenlogos. Dabei fallen die vielen Tiermotive auf: der Löwe beim Löwenbräu, das Restaurant Rössli mit einem Pferd, ein Seehotel mit Fischlogo.
Die vielen Tiere sind jedoch nicht nur den Firmennamen geschuldet. «Mein Vater ist ländlich aufgewachsen, mit einer Katze», erzählt Sasha Haettenschweiler: «Er hatte eine gute Beobachtungsgabe und zeichnete alles, was ihm unter die Augen kam.»
Bekannt sind auch seine Briefmarken. An 20 Wettbewerben der Post nahm er teil, sieben davon hat er gewonnen: Unter anderem die Serie «Mensch und Beruf», die zwischen 1989 und 1994 verwendet wurde.
Walter F. Haettschweiler starb 2014. Aber noch finden sich seine Logos im Stadtbild – wie auch seine Schriften. Sie erleben immer wieder eine Renaissance und werden nach wie vor von heutigen Schriftgestaltern verwendet. Nicht nur die «Haettenschweiler».