Barbara Stauffacher Solomon kam 1955 mit ihrer Mutter und ihrer dreijährigen Tochter nach Basel. Die junge Künstlerin, damals war sie 27, hatte gerade einen schweren Schicksalsschlag erlitten.
Ihr Ehemann war unerwartet gestorben. In der Schweiz suchte sie Halt für ihr aus den Fugen geratenes Leben – und fand ihn bei den strengen modernen Gestaltern an der Kunstgewerbeschule.
Ein Hoch auf die Regeln
Der Grafiker Armin Hofmann nahm sie unter ihre Fittiche. Stauffacher Solomon lernte das eher spiessige Leben zu schätzen: «Ich war froh, von San Francisco wegzukommen – an einen sauberen, netten Ort voller Regeln, wo man mir sagte, was ich tun musste.»
Das galt auch für die künstlerische Arbeit: Die Studierenden mussten ein Jahr lang die Buchstaben der Helvetica per Hand nachzeichnen – jener damals frisch entworfenen serifenlosen Schrift, die bis heute für kühle Neutralität und Modernität steht.
Nie wieder hat Barbara Stauffacher Solomon eine andere Schrift in ihren Arbeiten benutzt.
Leben im Einklang mit der Natur
Auch nicht bei den Grafiken, die sie für die Sea Ranch entwarf. Zu diesem avantgardistischen Wohnprojekt, das gerade im San Francisco Museum for Modern Art (SFMOMA) mit einer Ausstellung gewürdigt wird, stiess die heute 90-Jährige nach ihrer Rückkehr in die USA.
Schon fünf Jahre vor der Hippie-Bewegung wollten der Architekt Al Boeke und der Landschaftsplaner Larry Halprin dort ein Leben im Einklang mit der Natur ausprobieren.
Das hatte damals noch nicht viel mit Ökologie und Naturschutz zu tun, sondern war eher ein ästhetisches Aussteigerprojekt.
«Halprin war es wichtig, auf die Landschaft Rücksicht zu nehmen. Aber es war kein ‹Zurück zur Natur›», sagt Jennifer Dunlop Fletcher, die Kuratorin der Ausstellung, .
«Mehr Tanzen als Zeichnen»
Barbara Stauffachers Job war es zunächst, die «Corporate Identity» der Sea Ranch zu entwerfen. Sie zeichnete den gehörnten Schafskopf, der bis heute das Signet der Siedlung ist, und gestaltete die Verkaufsprospekte.
Alle Beschriftungen wurden in Helvetica ausgeführt. Bekannt aber wurde sie vor allem durch die «Supergrafiken», die sie in und an den Gebäuden der Sea Ranch malte.
An einem einzigen Wochenende bemalte sie im Schwimm- und Sportclub der Siedlung zusammen mit zwei Schildermalern, die sie angeheuert hatte, die Wände mit grossformatigen, geometrischen Grafiken.
«Der Prozess war mehr Tanzen als Zeichnen», sagt die Künstlerin heute.
Elite statt Bohème
Aber schon kurz nach der Eröffnung distanzierte sich Barbara Stauffacher Solomon von dem Projekt, das ihr zu elitär wurde. «Die Sache war vorbei, als die Kaufleute das Ruder übernahmen», spottet sie.
Es waren nicht die einfachen Leute und Künstler, die auf der Sea Ranch Häuser bauten, sondern vorwiegend reiche Städter aus San Francisco. Erst in den letzten Jahren, sagt Lisa Dundee von der Eigentümergemeinschaft, kommen wieder zunehmend jüngere Leute, die sich von den ursprünglichen Prinzipien angezogen fühlen.
Neu gezeichnet
Ganz gebrochen hat Barbara Stauffacher Solomon mit der Sea Ranch nie. Ihr Logo prangt immer noch auf dem zentralen Gebäude, und Ende 2018 hat sie zusammen mit ihrer Tochter ihre Supergrafiken im Sportclub neu gezeichnet, die das Opfer mehrerer Renovierungen geworden waren.
Und ihre aktuellen künstlerischen Arbeiten wird das SFMOMA im März in einer kleinen Ausstellung würdigen.