Der Bundesrat hat die neusten Massnahmen gegen die starke Ausbreitung des Corona-Virus in der Schweiz bekannt gegeben. Menschenansammlungen werden weiter reduziert – das trifft auch die Kultur.
Bei Veranstaltungen sind nur noch maximal 50 Personen erlaubt. Rosmarie Quadranti, Präsidentin von Cultura, dem Dachverband für die Interessenverbände der Schweizer Kulturinstitutionen und Mitglied der «Taskforce Kultur» sagt, was das für Kulturschaffende und Kulturinstitutionen bedeutet.
SRF: Bedeutet der Entscheid des Bundesrates das Ende eines Grossteils der Kulturveranstaltungen?
Rosmarie Quadranti: Das wird sich zeigen. Aber die Lage ist ernst. Der Kulturbereich hat die Massnahmen immer mitgetragen und auch der Kulturbereich will, dass die zweite Welle möglichst rasch abflacht. In diesem Sinne geben die neuen Massnahmen wenigstens wieder Klarheit, was vorher nicht mehr der Fall war.
Lohnen sich Veranstaltungen überhaupt noch, wenn nur noch 50 Zuschauerinnen und Zuschauer anwesend sein dürfen?
Vielleicht ist das ein Problem der Massnahmen: Es gibt Veranstaltungen, die noch lohnen und solche, die nicht mehr lohnen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Bund und Kantone Entschädigungen berücksichtigen.
Wenn man jetzt nicht möglichst rasch der Situation angepasst entschädigt, bricht die kulturelle Vielfalt zusammen. Dann haben wir einen Scherbenhaufen. Das muss trotz des Ernstes der Lage verhindert werden.
Es gibt Veranstaltungen, die noch lohnen und solche, die nicht mehr lohnen.
Wäre ein radikales Verbot vielleicht besser gewesen, weil die Kulturschaffenden dann Anspruch auf staatliche Unterstützung gehabt hätten?
Nein, jetzt wurde es so beschlossen. Aber die Forderung ist klar: Wenn sich Veranstaltungen mit 50 Personen nicht mehr lohnen, muss entschädigt werden.
Sie haben mit der «Taskforce Kultur» einheitliche Regeln verlangt. Geht es nach dem Bundesrat, bleiben aber Kinos, Museen und Theater mit strengen Auflagen offen. Aber die Kantone können diese Massnahmen trotzdem noch weiter verschärfen. Einzelne haben zum Beispiel die Kinos bereits geschlossen. Wurde Ihre Forderung nach Einheitlichkeit nicht gehört?
Ja, es ist ein Grundproblem, dass wir wenig gehört wurden als Kulturbereich. Das muss sich ändern. Die Massnahmen müssen mit dem Kulturbereich besser abgesprochen werden. Was wir jetzt haben, ist ein Desaster für den Kulturbereich.
Jetzt geht es den Kulturschaffenden, die bereits in der ersten Welle existenziell betroffen waren, ans Lebendige, wenn es keine finanzielle Unterstützung gibt.
Ja, jetzt wird es wirklich prekär und deshalb muss auch die finanzielle Unterstützung möglichst rasch folgen. Und sie muss der Situation angepasst folgen.
Sie haben die «Taskforce Kultur» auch gegründet, um für die Kulturbranche zu lobbyieren. Woran liegt es, wenn Sie zu wenig Gehör gefunden haben?
Am System. Es braucht ein System, in dem der Kulturbereich nicht nur angehört wird, sondern der wirklich an einem runden Tisch sitzt und gemeinsam mit den Kantonen und den zuständigen Departementen die Lage besprechen kann. Gemeinsame Lösungen, gerade in einer Krise, sind einfach bessere Lösungen.
Was ist der nächste Schritt, der jetzt erfolgen muss für die Kultur aus Ihrer Sicht?
Das hängt auf alle Fälle von der Situation ab. Aber der nächste Schritt muss sein: Man muss jetzt mit Bund und Kantonen zusammensitzen können.
Das Gespräch führte Irene Grüter.