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Cuno Affolter – das Gedächtnis des Schweizer Comics
Aus Kontext vom 19.04.2021. Bild: KEYSTONE/Jean-Christophe Bott
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«Cuno Comix» Das Gedächtnis des Schweizer Comics geht in Pension

Cuno Affolter aka «Cuno Comix» ist der Schweizer Comicexperte schlechthin. Nun tritt der Mann mit der zweitgrössten Sammlung Europas ab.

Sie schlummert unter dem Betonboden der Place Chauderon, einer der meistbefahrenen Kreuzungen in der Stadt Lausanne: die Comic-Sammlung des «Centre BD» der Stadt Lausanne. Das «BD» steht für «Bandes Dessinées», wie
Comics auf Französisch heissen.

Rund 300'000 Objekte lagern dort: Comic-Bände, aber auch Sachbücher, Zeitungsausschnitte, Werbeartikel, Archive von Zeichnerinnen und Zeichner. Es ist die zweitgrösste Sammlung nach Angoulème in Frankreich – dem Mittelpunkt des französischsprachigen Universums der «Bandes Dessinées».

Die einzigartige Sammlung des «Centre BD»

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Die Comic-Sammlung des «Centre BD» umfasst über 300'000 Dokumente: Von den Anfängen der amerikanischen Newspaper-Comics über «Papa Moll» und «Globi» bis hin zu den «Hotcha»-Heften – dem Sprachrohr der aufmüpfigen Jugend in den Globus-Krawallen.

Auch Nachlässe von Schweizer Zeichnern wie Mike Van Audenhove («Zürich by Mike») befinden sich in Lausanne. Sie machen die Sammlung zu einem einzigartigen Abbild der Zeichnerszene.

Deutschschweizer Städte winkten ab

Dass sich diese immense Sammlung in Lausanne befindet, ist Cuno Affolter zu verdanken. Er arbeitete lange als Freischaffender Comic-Experte, organisierte Ausstellungen und Festivals. Er moderierte Gespräche und übersetzte Comic-Bände. Als «Cuno Comix» war er in der Sendung «Sounds» von Radio DRS 3 zu hören.

Affolter selbst sammelte Comics und alles, was damit zu tun hat. Für seine Sammlung von 40'000 Exemplaren suchte er Ende der 1990er-Jahre einen Platz in der Deutschschweiz. Der in Trimbach, Solothurn, aufgewachsene Affolter versuchte es in Olten und Luzern – doch vergeblich.

Eine Begegnung mit dem früheren Leiter der Stadtbibliothek Lausanne, Pierre-Yves Laddor, ebnete schliesslich den Weg für die grosse Comic-Sammlung in Lausanne.

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Legende: Das fensterlose Büro von Cuno Affolter in der Stadtbibliothek wurde «La Cave de Cuno» – die Höhle von Cuno – genannt. Andreas Stüdli

Ein vier Jahrzehnte langes Zwischenjahr

Cuno Affolter gab schon in der Kantonsschule in Olten «Comic-Experte» als Wunschberuf an. Dieser Berufswunsch erschien sogar in der Zeitung. Beim heute 63-Jährigen wurde das damals als «Zwischenjahr» notiert. Aus diesem Zwischenjahr wurden jedoch 45 Jahre. Affolter ist einer der ersten, der sich mit dem Medium Comics in der Schweiz ernsthaft beschäftigte. Nun geht er in Pension.

Der Westschweizer BD-Autor Cosey kennt Cuno Affolter seit Jahrzehnten. Er sagt über ihn: «Cuno Affolter ist einer, der schon früh begriffen hat, dass es sich beim Comic um eine ganz eigene Kunstform handelt. Also weder um Literatur, noch um Illustration, sondern um eben etwas ganz eigenes.»

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Ein Tauchgang in Cuno Affolters Comic-Höhle
aus Kontext vom 19.04.2021. Bild: KEYSTONE/Jean-Christophe Bott
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Früher Rebellen, heute Kunsthochschule

In seiner Laufbahn als Comic-Experte hat sich der Stellenwert der Comics erhöht. Früher wurden sie als Kinderlektüre abgestempelt, heute landen Autorinnen und Autoren wie Riad Sattouf («L’Arabe du futur») oder Marjane Satrapi («Persepolis») Welterfolge bei erwachsenen Leserinnen und Lesern.

Während Comic-Zeichner früher Rebellen waren, ist Comic-Zeichnen heute ein Metier geworden, das sogar an der Kunsthochschule gelernt werden kann.

Abschlussarbeit: «Bande Dessinée»

Etwa an der «École de Bande Dessinée et d’Illustration » an der höheren Fachschule für Kunst in Genf. Dort schreibt und zeichnet die 20-jährige Cassandre Tornay gerade an ihrer Abschlussarbeit – einer «Bande Dessinée» über Boas.

Ein Protagonist, dessen Name zeichnerisch umgesetzt ist: Boas hat Beine so lang wie eine Schlange. Weil er sich als Kind danach sehnte, selber wie eine Schlange auszusehen.

Eine junge Frau sitzt an einem Schreibtisch. Vor ihr liegen Zeichnungen und Texte.
Legende: Cassandre Tornay zeichnet und schreibt gerade ihre Abschlussarbeit: eine Bande Dessinée. Andreas Stüdli

Im Mainstream angekommen

Die junge Zeichnerin wird von verschiedenen Fachpersonen begleitet, etwa von Fred Fivaz, einem Genfer Illustratoren. Der 48-jährige Fivaz hätte sich früher selbst so eine Schule gewünscht. Er musste im gleichen Gebäude der höheren Fachschule für Kunst in Genf noch Grafiker lernen, weil es einen Lehrgang als Comic-Zeichner zu seiner Zeit noch nicht gab.

Comics sind im Mainstream angekommen – das hat sich Cuno Affolter auch immer gewünscht. Dennoch betrachtet er die Entwicklung auch mit gemischten Gefühlen. Nicht alle Graphic Novels erzählten eine gute Geschichte, findet er. Seine eigene Geschichte als Comic-Experte zeichnet vor allem eines nach: Wie Comics erwachsen geworden sind.

Die Zukunft der Sammlung

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Von den über 300'000 Objekten in der Sammlung sind erst etwa 50'000 katalogisiert. Weil mit Cuno Affolter das Gedächtnis der Sammlung nun in Rente geht, will die Stadtbibliothek die Sammlung besser dokumentieren und so auch der Forschung besser zugänglich machen.

Zudem erhofft sich Nadia Roch, Leiterin der Stadtbibliothek Lausanne, in Zukunft eigene Räumlichkeiten für das «Centre BD».

SRF2 Kultur, Kontext, 20.04.2021, 09:03 Uhr.

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