SRF: Herbert Maeder war ein bekannter Nationalrat und Fotojournalist. In den letzten Jahren geriet er in Vergessenheit. Wieso wollten Sie gerade einen Film über ihn realisieren?
Arthur Spirk: Seit Jahren hängt bei uns der Greina-Landschaftskalender mit zwölf Monatsbildern von Herbert Maeder. Diese Fotografien berühren mich immer wieder auf ganz intensive Art. Schliesslich rief ich Herbert Mäder an und bat ihn um ein Treffen.
Wie hat er reagiert?
Er reagierte erst sehr zurückhaltend. Ich schickte ihm einen Film von mir, der gefiel ihm. Danach trafen wir uns und verstanden uns auf Anhieb. Gesundheitlich ging es ihm nicht gut. Er war schon 85 und litt an den Folgen eines Schlaganfalls.
Seine Fotografien sind einzigartig, er war ein begnadeter Erzähler und Fotojournalist, publizierte über 40 Fotobände. Wie beschrieb er sich selber?
Er sah sich nicht als Künstler, sondern als Handwerker. Er war Fotojournalist und musste von dieser Arbeit leben und seine vier Kinder aus zwei Ehen ernähren. Das war nicht immer einfach. Er war freischaffend.
Was macht die Qualität seiner Bilder aus?
Er war ein guter Bergsteiger und ein leidenschaftlicher Fotograf. Diese zwei Talente brachte er zusammen. Seine Bilder sind präzise komponiert, sein eigenes Erlebnis ist darin kondensiert. Herbert Maeder hat grandiose Bergpanoramen fotografiert und bei genauem Hinsehen sieht man, dass auf der Krete ein ganz kleiner Mensch geht. Er vereint die Winzigkeit des Menschen mit der spektakulären Natur.
Es ist nicht einfach eine ästhetische Perfektion, sondern kondensiertes Erleben. Das macht die Tiefe seiner Bilder aus und deshalb kann man sie auch immer wieder anschauen. Das war ja auch der Anstoss für meinen Film.
War er Ihnen als Politiker ein Begriff?
Ja, klar. Ich realisierte aber erst bei den Recherchen zum Film, welche Sensation seine Wahl in den Nationalrat 1983 war, als Parteiloser ohne politische Erfahrung. SRF und sogar deutsche Nachrichtensender berichteten darüber.
Er vereint die Winzigkeit des Menschen mit der spektakulären Natur.
Wieso wurde er von den Appenzellern gewählt?
Über Appenzell hatte er mindestens fünf Bücher publiziert, die waren sehr verbreitet. Er witzelte, dass jeder Appenzeller Haushalt mindestens zwei Bücher besitzen würde: einen Fotoband von ihm und die Bibel! Im Wahlkampf machte er in fast allen Gemeinden gut besuchte Diavorträge und stellte mit seinen Fotografien seine Weltsicht dar. Er hatte Mut, sich zu exponieren und war ein begnadeter Erzähler.
Die grossen Themen von 1983 bis 1995 waren Waldsterben, die Fichenaffäre, Atomenergie, Umweltschutz. Was hat er erreicht?
Für diese Themen hat er sich konsequent eingesetzt. Obwohl er weder eine Partei noch viel Geld im Rücken hatte. Sein Engagement hat ihm in den zwölf Jahren im Nationalrat viel Respekt eingebracht. Er gehört zu den Rettern der Greina-Hochebene und setzte sich konsequent für den Landschaftsschutz ein.
Wie hat er auf den fertigen Film reagiert, der 2016 in Heiden Premiere feierte?
Das Kino war gestossen voll und im Anschluss an den Film beantwortete er Fragen. Das hat er sehr genossen. Es war eine Art Vermächtnis. Es ging ihm ja gesundheitlich immer schlechter. Der Dreh hat ihm noch einmal ein Ziel gegeben und viele Kräfte mobilisiert.
Im Januar 2017 ist Herbert Maeder kurz vor seinem 87. Geburtstag gestorben. Dass der Film, der sein Leben zusammenfasst, ins Fernsehen kommt, hat er noch mitgekriegt und es hat ihn gefreut.
Das Gespräch führte Denise Chervet.
Sendung: SRF 1, Sternstunde Kunst, 12.03.2017, 11:55 Uhr