Sie will, dass wir hingucken. Auf die blinden Flecken in der Gesellschaft. Carrie Mae Weems' Kunst ist eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Gewalt gegen Schwarze und indigene Menschen. Welche historischen Narrative werden da produziert? Welche Systeme unterstützen den Rassismus gegenüber marginalisierten Gruppen?
«Ich bin eher verletzt als wütend», sagt Carrie Ann Weems im Interview in Basel. «Ich versuche immer, die Komplexität meiner Gefühle herauszukitzeln. Und das geht viel tiefer als Wut.»
Das Kunstmuseum Basel zeigt jetzt ihre Ausstellung «The Evidence of Things Not Seen», was so viel heisst wie «Der Beweis, für Dinge, die man nicht sieht».
Die Installation «The Hampton Project» erzählt beispielsweise von einer Institution in den USA, in der weisse Menschen viel Einsatz und Kraft mobilisierten, um andere Kulturen in den USA umzuerziehen.
«Nichts hat sich verbessert!»
Die frühere Tänzerin Carrie Mae Weems erforscht schon lange soziale Segregation und dominante Machtstrukturen. In den USA gilt sie als eine der einflussreichsten zeitgenössischen Künstlerinnen – hierzulande ist sie noch kaum bekannt.
In ihrer Arbeit «The Kitchen Table Series» inszeniert Weems das komplexe, aber auch einsame Leben einer schwarzen Frau an ihrem Küchentisch.
Es geht in der Serie um komplizierte Gefühle rund um Liebe. Es geht um Rollenverteilungen. Zwischen Mann und Frau, Kindern und Frau, Gesellschaft und Frau.
«Alles führt dazu, dass Frauen in Silos des Schweigens isoliert werden», konstatiert Weems. Die Arbeit aus dem Jahr 1990 sei immer noch aktuell, denn es habe sich «nichts verbessert, weil wir alle eingesperrt sind in einem System, das uns kontrolliert und zu altertümlich ist, um etwas zu verändern».
«Gewalt ist verrückt und destruktiv»
Ihre Aufgabe, so sieht es Weems, bestehe darin, diese Bedingungen permanent zu hinterfragen. Es ist kein eingängiges Werk, das uns präsentiert wird. Doch die Arbeiten machen einen sprachlos.
Carrie Mae Weems lässt nicht nach, auf die blinden Flecken hinzuweisen, die wir gerne übersehen. Es ist ein Kampf gegen das Vergessen von Unrecht, zum Beispiel dem an George Floyd 2020 in Minneapolis.
Einige ihrer Werke greifen die Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in den USA auf. Aber Weems dokumentiert auch den Widerstand. Motive von Flucht, Trauer und Protest werden bei ihr zu Manifesten gegen die Gewalt. «Gewalt ist verrückt und kann dich zerstören, wenn du nicht aufpasst», sagt sie.
Ihr Gegenmittel ist ein innerer Raum des Mitgefühls. Man müsse aufpassen, so die Künstlerin, dass man nicht nur noch in Silos von Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht denke. Denn sonst werde die Haltung dazu immer enger, und es werde zunehmend schwieriger, sich mit anderen zu verbinden und zu verstehen.
Empathie sei der Schlüssel, Dinge zu verändern. Das ist das Credo von Carrie Mae Weems.