Françoise Bornet starb am Weihnachtstag nahe Paris im Alter von 93 Jahren, wie eine enge Freundin der Zeitung «Le Parisien» bestätigte. Star-Fotograf Robert Doisneau nahm das Foto «Le Baiser de l'Hotel de Ville», das ein sich küssendes Liebespaar vor dem Pariser Rathaus zeigt, im Frühjahr 1950 auf. Der «Kuss am Rathaus» gilt heute als eine der am häufigsten reproduzierten Fotografien der Welt.
Karriere eines Kusses
Das Schwarz-Weiss-Bild wurde zu dem wohl bekanntesten Foto vom Fotografen Doisneau (1912 – 1994). Mit dem hingebungsvollen – aber gestellten – Kussfoto begann für Doisneau eine aussergewöhnliche Erfolgsgeschichte.
Nach tausendfacher Verbreitung als Postkarte kam der «Kuss» 1986 als Poster auf den Markt und wurde mehr als 400'000 Mal verkauft. Ausserdem wurde das Motiv für die Kampagne «Liebe zu den Spielen», mit der sich Paris um die Austragung der Olympischen Spiele 2012 bewarb, neu aufgelegt.
Wer küsste sich denn wirklich?
Doch das Kussfoto sorgte auch für Ärger. 1992 behauptete ein Ehepaar im französischen Fernsehen, dass es das Liebespaar auf dem Foto sei.
Dieses Fernsehgeständnis lockte Françoise Bornet und ihren Ex-Partner Jacques Carteaud aus der Reserve und zwang den Fotografen Doisneau dazu, das seit vier Jahrzehnten gehütete Geheimnis um das «Kuss»-Foto zu lüften: Statt um einen Schnappschuss handelte es sich um einen Auftrag des Magazins «Life» zum Thema «Verliebte in Paris».
Gestelltes Geturtel
«Er hat fünf oder sechs Posen aufgenommen. Es dauerte ungefähr einen halben Tag», erinnerte sich Bornet. Doisneau entdeckte die junge Frau, als er auf der Terrasse eines Cafés sass. Die damalige Schauspielschülerin flanierte mit dem gleichaltrigen Carteaud vorbei, der ebenfalls Schauspielschüler war.
Sie küssten sich wirklich – jedoch nicht vor dem Rathaus. Doisneau bat die Liebenden gegen Honorar, das Geturtel an verschiedenen Orten der Stadt zu wiederholen, unter anderem auch vor der Fassade des «Hôtel de Ville».
Wenige Tage nach dieser Aufnahme schickte Doisneau der jungen Frau das Foto als Erinnerung zu. Im Jahr 2005 versteigerte Françoise Bornet das Foto für 155'000 Euro.