Das Wichtigste in Kürze:
- Die Frauenporträts der US-amerikanischen Fotografin Annie Leibovitz sind bis Mitte Februar in Zürich ausgestellt.
- Für das Interview nimmt sich die Star-Fotografin nur wenig Zeit: Annie Leibovitz lässt lieber ihr Werk für sich sprechen.
- Die Fotografin zeigt ihre Porträtierten selbstbewusst und kommt ihnen erstaunlich nahe – viele ihrer Bilder sind Ikonen.
Zürich, EWZ Unterwerk Selnau: Am Eingang stehen Securitas-Wächter, mehrere Kommunikationsfachleute kümmern sich um die Journalistinnen und Journalisten.
Die UBS hat eingeladen, denn die Grossbank gab die neusten Fotografien von Annie Leibovitz in Auftrag und hat diese in zehn Städten gezeigt.
Zürich ist die letzte Station der Wanderausstellung. Annie Leibovitz gibt ein ganz kurzes Gruppen-Interview, bevor sie die Schar von Gästen durch die Ausstellung führt.
Ohne Umwege an die Arbeit
Sie wisse jeweils genau, was sie wolle, wenn sie fotografiert, sagt die Amerikanerin: «Ich bin sehr ‹straightforward›, ich mache mich immer direkt an die Arbeit.» Egal ob sie im Auftrag der UBS, für ein Magazin oder für etwas Eigenes arbeite.
Die aktuelle Wanderausstellung trägt den Titel «Women: New Portraits». Es ist die Fortsetzung einer Serie von Frauenporträts, die sie zusammen mit ihrer verstorbenen Partnerin, der Schriftstellerin Susan Sontag, vor 17 Jahren angefangen hat.
Von der Arbeiterin bis zur Königin
«Wenn es zwischen damals und heute eine grossen Unterschied gibt, dann den, dass die Frauen heute selbstbewusster sind», sagt Leibovitz. Sie wolle mit ihren Bildern nichts verkünden, sie wolle zeigen, wie Frauen aussehen: in allen Grössen, Formen und aus allen Schichten.
Leibovitz fotografiert Tänzerinnen aus Las Vegas, Frauen die in Kohlebergwerken arbeiten oder Bäuerinnen. Aber ebenso die britische Queen, die Geschäftsführerin von Facebook Sheryl Sandberg, oder die ehemalige First Lady Michelle Obama, die sie für Titelseite der Vogue fotografierte.
Michelle Obama möchte sie nochmals ablichten. Nicht inszeniert. Einfach wie man sie kennt: «Es gibt so viele gute Bilder von ihr, und ich habe keines. Noch nicht.»
Frauenrechte zum Schluss
Auch Donald und Melania Trump hat Annie Leibovitz fotografiert. Vor einigen Jahren. Die Starfotografin reagiert ausweichend, wenn man sie darauf anspricht. Sie ist unglücklich über die Wahl des neuen US-amerikanischen Präsidenten.
Sie habe am vergangenen Wochenende an der Demonstration der Frauen in New York teilgenommen, zusammen mit ihren drei Töchtern. Sie sagt, sie sei noch mitten im Verarbeitungsprozess, dass Donald Trump der neue Präsident der USA sei: «Ich versuche, damit klarzukommen.» Damit endet das Kurzinterview.
Packschnur und Karteikärtchen
Im Ausstellungsraum stehen zwei riesige Monitore, auf denen man im Wechsel die Bilder ihrer Serie aus dem Jahr 1999 sieht. Die neuen Bilder hängen an einer Wand – festgepinnt an brauner Packschnur hinter einer Glasscheibe.
DIe Fotografin spricht zur Menschentraube über ihre Arbeiten. Sie zeigt auf die Fotografie der nigerianisch Autorin Chimamanda Ngozi Adichie, es ist ihr jüngstes Frauen-Porträt.
Annie Leibovitz, die den Prominenten erstaunlich nahe kommt und in ihren Fotografien theatrale aber auch intime Momente einfängt, mag das Rampenlicht sichtlich nicht. Sie hält sich während ihres Vortrags an bunten, zusammengeklebten Karteikärtchen fest, auf denen sie in kleiner Schrift notiert hat, was sie erzählen möchte.
Die Marke Leibovitz
Nach der Presseveranstaltung wirkt Leibovitz erleichtert. Die Stimmung war seltsam gestresst. Vielleicht weil in diesem Raum die Welt der Kunst und die des Geldes zusammenkommen, zwei Welten die zusammengehören aber doch nicht ganz zusammen passen.
Die UBS schmückt sich nun mit der Marke Leibovitz, Leibovitz konnte ihre neuen Frauenporträts in 10 Städten auf der ganzen Welt zeigen. Eine Win-win-Situation. Für alle, auch für das Publikum.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Kompakt, 25.01.2017, 17:08 Uhr