Altdorf im Kanton Uri ist ein reizvoller kleiner Ort: Berge rahmen das Städtchen eindrucksvoll ein, herrschaftliche Bürgerhäuser prägen den historischen Ortskern. Seit 1895 erinnert das Telldenkmal des Zürcher Bildhauers Richard Kissling an die Legende um den Schweizer Nationalhelden Wilhelm Tell.
Geschichte, das spürt man auf den schmucken Plätzen und in den winkeligen Gassen, wird in Altdorf gross geschrieben. Und doch: Nur wenige Schritte vom Telldenkmal entfernt steht das Haus für Kunst Uri, ein Museum für zeitgenössische Kunst, mitten im ländlichen Altdorf.
Kunstvermittlung im Spagat
Wie positioniert sich ein Haus für zeitgenössische Kunst an einem Ort, der so sehr mit der Geschichte verbunden ist? Barbara Zürcher, Direktorin des Hauses für Kunst Uri, sieht sich im Spagat: Sie will die Menschen vor Ort neugierig machen, aber auch die Kunstfreunde aus Zürich, Zug und Luzern anlocken.
In ihrem Ausstellungsprogramm geht sie deshalb immer wieder auf die Besonderheiten des Ortes ein. So gestaltet sie zum Beispiel Themenausstellungen wie «Berge versetzen»: Dort beschäftigen sich Kunstschaffende mit der Topographie des Ortes. Die Besucher aus den grösseren Städten lassen sich aber vor allem mit Namen bekannter Künstler locken.
Kein Einzelfall
Das Haus für Kunst Uri ist kein Einzelfall: In der Schweiz gibt es viele kleine aber engagierte Häuser für zeitgenössische Kunst in kleinen Orten. Die meisten Kunstfreunde orientieren sich jedoch an den grossen Zentren wie Berlin, Basel, London. Das Publikum nach Thun, Glarus, Interlaken oder Altdorf zu locken ist nicht immer einfach.
Sind Ausstellungshäuser Luxus?
Das Haus für Kunst Uri ist noch ein junges Ausstellungshaus, eröffnet wurde es 2004. Getragen wird es von Stadt und Kanton und von der Dätwyler Stiftung. Daneben gibt es weitere Sponsoren und Stiftungen, die regelmässig wieder angefragt werden müssen. Eine Situation, die das Haus für Kunst Uri nicht nur mit anderen kleineren Häusern teilt. Sponsorensuche gehört auch für Museen mit nationaler oder internationaler Ausstrahlung zur alltäglichen Arbeit.
Was die kleinen Kunsthäuser von den grossen Museen unterscheidet, ist vor allem das Umfeld. Kleine Gemeinden betrachten ihre Ausstellungshäuser oft als Luxus. In Thun wurde dies spürbar, als der Gemeinderat vor einigen Jahren plante, das weit über die Stadt hinaus renommierte Kunstmuseum vom Standort im ehemaligen Grandhotel Thunerhof an eine weniger prominente Adresse umzuquartieren. Ein kleineres Haus muss gut im Ort verankert sein. Das Haus für Kunst Uri hat Glück: Die Gemeindepräsidentin Christine Widmer ist eine Kunstfreundin.
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Vorurteil der Provinz
Kulturverwöhnte Stadtmenschen indes klammern sich an das Vorurteil, in kleinstädtischen Kunsthäusern müsse es provinziell zugehen. Barbara Zürcher staunt oft über Besucher aus Zürich, die sich über die Qualität der Ausstellungen im Haus für Kunst Uri wundern.
Viele Besucher von ausserhalb hätten die Klischeevorstellung, «dass man im Kanton Uri eine handgestrickte Ausstellung sieht oder dass die Kuratorin einen in Bergschuhen begrüssen müsste», sagt Barbara Zürcher.
Raum für Neues
Handgestricktes gibt es im Haus für Kunst Uri nicht zu sehen. Im Gegenteil: Das Altdorfer Kunsthaus hat, wie viele andere kleine Schweizer Kunsthäuser, viel Sehenswertes zu bieten.
Kleinere Museen müssen nicht das ganz breite Publikum ansprechen. Sie dürfen auch mal Neues, Ungewöhnliches, gar Skurriles zeigen, dürfen in der Kunst und beim Kuratieren ungewöhnliche und überraschende Wege gehen.