In der Galerie Bohn in Lörrach drängen sich die Menschen. Janosch sitzt hinter einem Schreibtisch im Ausstellungsraum, braungebrannt, wasserblaue Augen. Er scherzt mit den Besuchern, signiert Radierungen und lässt sich mit Kindern fotografieren. Auch beim Interview ist Janosch sehr charmant – aber nicht sonderlich gesprächig.
«Geht das auch, dass ich gar nichts sage?», fragt Janosch. «Das wäre schlecht fürs Radio», entgegne ich. «Hm!», macht Janosch.
Meint er das ernst, oder macht er sich einen Spass?
Es ist bekannt, dass er Interviews nicht besonders mag. Und so prophezeit er schon, bevor das Gespräch überhaupt angefangen hat: Das mit dem Interview könnte schwierig werden. Er sagt: «Sie müssen mich fragen, was machen Sie hier?» Gesagt, getan: «Was machen Sie hier?» – «Wenn ich das wüsste», entgegnet er.
Natürlich weiss Janosch, was er in der Galerie Bohn macht. Das verrät sein verschmitzter Blick. Diese Ironie durchzieht das ganze Gespräch – immer wieder fragt man sich: Meint er das jetzt ernst? Oder macht er sich gerade einen Spass?
Vielleicht ist das seine Strategie, um nicht allzu viel von sich preisgeben zu müssen. Janosch spricht nicht gerne über sich selbst, er liebt die Abgeschiedenheit. Seit Jahrzehnten lebt der Künstler mit seiner Frau auf Teneriffa: «Ich wohne in einem ganz alten Haus, in einer alten Bäckerei mit vier Wänden, ein zwei Stockwerke und ein Keller, am Rand des Dorfes mit der Aussicht aufs Meer.»
Er arbeitet nur, wenn er eine Idee hat
Bei Sonnenaufgang steht er auf, manchmal geht er schwimmen, manchmal arbeitet er. Aber nur, wenn er eine Idee hat. Das Leben auf Teneriffa mache ihn frei, sagt er.
Je weniger man brauche, desto glücklicher werde man: «Weil dann nichts fehlt. Man kann ganz reich sein und sich einbilden, man sei ganz arm und umgekehrt.»
Im Prinzip ist genau das die Geschichte von «Oh, wie schön ist Panama», Janoschs wohl bekanntestem Kinderbuch: Der kleine Tiger und der kleine Bär stapfen los, um das nach Bananen duftende Panama zu entdecken.
Weil sie immer im Kreis laufen, kommen sie wieder zu Hause an – und sind dennoch überzeugt, ihren Sehnsuchtsort gefunden zu haben.
Janosch erzählt von Kinderglück, das er selbst nicht kannte
Poetische Geschichten wie diese haben Millionen Kinder in aller Welt begeistert. Dabei hat Janosch selbst eine Kindheit erlebt, die voller Brutalität war: Der Vater trinkt, Vater und Mutter verprügeln ihn regelmässig. Wie kann jemand mit solchen Erfahrungen so wunderbare Bücher schreiben? «Ich schreibe das Gegenteil auf, so wie es hätte sein sollen. Aber ich habe noch nicht so viel drüber nachgedacht wie Sie», lautet seine Antwort.
Da ist es wieder: sein leises, spöttisches Lachen. Dieses Lachen würde auch gut zu den in Lörrach ausgestellten Radierungen passen: Zu sehen sind da nicht nur Kinderfiguren wie Tiger und Bär, sondern auch Zoten und kirchenkritische Karikaturen.
Der Kritzelduktus und die humorvollen Texte verleihen seinen Arbeiten etwas Lässiges, Leichtes. Doch diesen Effekt herzustellen – das sei alles andere als einfach, sagt Janosch.
«Das dauert lange. Da muss man super Tricks wissen, wie das geht. Man muss von sich und der Sache wegdenken und das dann im Kopf laufen lassen, dann schreibt sich das allein.»
Zu welch überraschenden Ergebnissen er mit dieser Methode kommt – das lässt sich jede Woche im Magazin der Wochenzeitung «Die Zeit» bewundern.
Seit 2013 hat Janosch dort eine Kolumne, in der er Alltagsfragen in Text und Bild spöttisch beantwortet. Teilweise dreht sich die Rubrik auch um Politisches. Klar, sagt Janosch, verfolge er das aktuelle Geschehen.
Darüber aufregen tue er sich allerdings nicht: «Das läuft so weiter, egal ob ich mich aufrege oder nicht. Jetzt werden Sie mich fragen, worüber ich mich aufrege? Über nichts. Oder über schlechtes Essen.»
Sendung: Eine Begegnung mit Janosch, Kultur kompakt am 8. Mai 2017 um 11.29 Uhr auf Radio SRF 2 Kultur.