Marina Abramović ist Performance-Künstlerin. In ihrem bekanntesten Werk «The Artist Is Present» sitzt sie beispielsweise Hunderte von Stunden im New Yorker «Museum of Modern Art» und blickt den Besuchern tief in die Augen. Das lässt sich natürlich nicht an die Wand eines Museums hängen.
Abramović hat dennoch einen Weg gefunden, ihre Kunst zu institutionalisieren: Im «Marina Abramović Institute», das sie in der Kleinstadt Hudson im Staat New York errichten will, sollen Besucher selbst an Performances teilnehmen können.
Ausserdem will sich das Institut Kunstformen von langer Dauer widmen, also Musikstücken, Filmen oder Aufführungen, die mehr als sechs Stunden dauern. Am Eingang soll deshalb jeder Besucher eine Einverständniserklärung unterschreiben, mit der er sich verpflichtet mindestens sechs Stunden im Institut zu verbringen.
Die Crowd finanziert die erste Phase
Das Gebäude, ein ehemaliges Kino, hat Abramović bereits gekauft. Eine knappe Million Dollar hat sie nach eigenen Angaben aus ihrer Tasche bezahlt. Doch um das Projekt vollständig finanzieren zu können, braucht sie 20 Millionen. Die nächste Phase ihres Projekts hat sie aber bereits finanziert: Auf der Crowdfunding-Plattform kickstarter.com hat sie Spenden in der Höhe von über 660'000 Dollar gesammelt. Die Spender, die bei kickstarter.com «Backers» genannt werden, haben Beträge zwischen 1 und 10'000 Dollar bezahlt.
Je nach Höhe des Beitrags bekommen die Backers nun unterschiedliche Gegenleistungen: Für einen Dollar gibt es eine Umarmung von Abramović, wer mehr gespendet hat erhält eine DVD, eine Videokonferenz oder gar ein Abendessen mit der Künstlerin.
In einer Videobotschaft an ihre Spender freut sich Abramović über das erreichte Ziel und kündigt an, nun mit der Umsetzung der Gegenleistungen anzufangen. Danach soll mit dem gespendeten Geld die erste Phase des «Marina Abramović Institute» in Angriff genommen werden. Dazu gehört ein Büro und erste bauliche Massnahmen.
Spike Lee erntet Kritik
Abramović ist nicht die einzige renommierte Künstlerin, die ein Projekt durch Crowdfunding finanziert. Zuletzt machte etwa Filmemacher Spike Lee von sich reden, der auf diesem Weg knapp eine Million Dollar für seinen nächsten Film sammelte. Kritiker monieren, dass renommierte Künstler wie Lee genügend Möglichkeiten hätten, auf konventionellen Wegen an Geld zu kommen – Crowdfunding sei in erster Linie für unbekannte Künstler gedacht, die ihre Projekte nicht anders finanzieren könnten.
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Auch Abramović konnte auf prominente Unterstützung setzen: In einem Werbevideo für das Projekt zog sich Popstar Lady Gaga sogar komplett aus. Das eigenwillige Video erntete äusserst gemischte Reaktionen. Kritik am Crowdfunding-Projekt der Performance-Künstlerin gab es aber kaum. Ein wichtiger Grund dafür dürfte die Tatsache sein, dass Abramović bisher selbst 1,5 Millionen Dollar in ihr Projekt investierte. Ausserdem ist ihr Ziel von 600‘000 Dollar im Vergleich zu Lee relativ tief gesteckt.
Bescheidenes Crowdfunding in der Schweiz
Noch geringer sind bisher die Forderungen von Schweizer Künstlern, die auf Crowdfunding setzen: Der Rapper Gimma etwa hat seine nächste CD auf diesem Weg finanziert. Der Betrag, den er ins Auge gefasst hat, ist vergleichsweise bescheiden – 10‘000 Franken hat Gimma anvisiert, das Ziel wurde erreicht. Für 500 Franken erhielten die Spender ein Abendessen mit dem Rapper. Ein Essen mit Abramović kostete knapp das Zwanzigfache.