Basel zeigt sich wieder im Ausnahmezustand: Schick gewandete Damen und adrett bebrillte Herren spazieren durch die Strassen. In den Cafés wird Englisch, Französisch, Italienisch oder Russisch gesprochen. Doch egal in welcher Sprache – das Thema ist die Kunst.
Die 45. Ausgabe der Kunstmesse Art Basel öffnet am Donnerstag ihre Tore, viele Nebenveranstaltungen begleiten sie. Eine davon ist die LISTE, die sich seit 1996 junger zeitgenössischer Kunst widmet. Angefangen hatte sie als Raum für eine neue Künstlergeneration, die wenig Aussicht auf einen Platz an der Hauptmesse hatte. Inzwischen wurden viele Debütanten – Künstlerinnen wie Galeristen – zu festen Grössen im Kunstbusiness.
Neue Galerien aus Südamerika
Heuer stellen 78 Galerien rund 180 Künstlerinnen und Künstler im ehemaligen Brauereigebäude aus – von den Arabischen Emiraten bis Neuseeland. 16 Galerien sind das erste Mal dabei, 5 davon aus Lateinamerika: Kolumbien, Argentinien, Peru, Guatemala und Brasilien. «Das sind neue Märkte, wo momentan ziemlich viel passiert», sagt Jaqueline Uhlmann, Leiterin der LISTE.
Was fasziniert sie an junger Kunst, die zwar aufregend, aber immer auch ein Risiko ist? Man lasse sich auf ein Abenteuer ein, so Uhlmann. «Doch der Wunsch und Drang nach jungen Künstlern und junger Kunst ist enorm.» Ein Druck des Marktes, der für Künstler schnell gefährlich werden kann. «Die junge Generation geht sehr entspannt damit um, Künstler arbeiten zusammen und kennen keine Berührungsängste – das hilft, mit dem Druck umzugehen», sagt Uhlmann. Und digitale Medien seien für sie so selbstverständlich «wie früher der Pinsel für den Maler».
Mehr Ausstellung als Messe
Der Andrang an der LISTE ist tatsächlich enorm: Nur Minuten nach der Türöffnung haben sich die Winkel und Räume gefüllt. Menschen allen Alters führen Gespräche, fotografieren, smalltalken, sehen und werden gesehen und hoffen auf eine Entdeckung. Junge, selbstbewusste Kunst in jungen Galerien hat sich aufgereiht und wird beäugt. Was erwarten junge Kunstschaffende von diesem Auftritt?
Patricia Treib , eine 35-jährige Künstlerin aus New York von der Galerie Wallspace, ist eben in Basel eingetroffen. Sie ist schon ganz aufgeregt und gespannt, wie das europäische Publikum auf ihre grossen, abstrakten Ölbilder reagieren wird. «Ich habe gehört, dass es hier eher wie an einer Ausstellung zu und her gehe und weniger wie an einer Verkaufsmesse», sagt Treib. Die Amerikanerin mag die Atmosphäre in der alten Fabrik.
Der Kunstmarkt verlangt viel
Die Londonerin Sue Corke ist schon etwas länger hier und hat sich bereits umgesehen. Gemeinsam mit Hagen Betzwieser, ihrem Kunstpartner aus Deutschland, bildet sie das Duo We colonised the Moon . Sie erhofft sich viel von ihrer Präsenz hier an der LISTE. «Es ist eine grossartige Gelegenheit, einem breiten Publikum unsere Arbeiten, unseren Humor und unseren Stil zu zeigen», sagt Corke. Und vielleicht schaut ja eine Einladung zu Projekten oder einer Ausstellung raus. Man müsse jedenfalls früh anfangen, sich dem schnelllebigen Markt zu präsentieren, sagt die Londonerin Corke, der Kunstmarkt verlange den Künstlern viel ab. Ihre Ufo-, Mond- und Weltrauminstallationen wird vom Haus der elektronischen Künste Basel präsentiert, einem der Sondergäste an der LISTE.
Ein bisschen komisch hier
Auch junge Schweizer Künstler trifft man an, etwa den 36-jährigen Fribourger Gilles Rotzetter . Er hat gemischte Gefühle, was das Konzept dieser Messe angeht. «Als Künstler ist es schon ein bisschen komisch hier – das ist ein Supermarkt», findet Rotzetter. So ist denn auch das Konzept vom Sic! Raum für Kunst zu verstehen, in dessen Rahmen er hier steht: Die Luzerner Galerie hat an der LISTE einen Stand aufgestellt, einen Shop im Shop, wo die Preise für die Werke stündliche steigen und fallen – Marktpreise eben. Obwohl Rotzetter die Messe etwas zu gross findet – «eine Overdose» – sei sie sie doch eine gute Gelegenheit, Kunst anzuschauen.
So verschieden die Erwartungen der Künstler sind, so hoffen sie doch alle ein bisschen, hier entdeckt zu werden.