Als der emeritierte Professor für anorganische Chemie der Universität Zürich, Heinz Berke, die Terrakotta-Armee im chinesischen Xi’an das erste Mal sah, war er überwältigt. In Reih und Glied präsentiert sich dem Besucher ein Heer von tönernen Soldaten in einheitlichem Braun. Gut 2000 Jahre v. Chr. war die gigantische Grabstätte des ersten chinesischen Kaisers Qin allerdings farbig und bunt – die 1.88 Meter hohen, bunten Krieger sollten den Geist des Kaisers in der palastähnlichen Grabstätte bewachen: Es waren 8'000.
Wo ist die Farbe geblieben?
Die Farben für die Bemalung fanden die Chinesen in Mineralien. Weil Blau in der Natur selten ist, haben die Chinesen den Farbstoff nach einer streng geheimen Rezeptur hergestellt.
In 2000 Jahren haben die Soldaten aber Farbe gelassen. Die Terrakotta-Armee sank in dieser Zeit im feuchten Boden ab und die Figuren stehen nun im Grundwasser. Wasser ist fatal für die Farben. Dies wegen des Fehlers, der beim Auftragen gemacht wurde: Statt der Farbe wurde irrtümlich zuerst der Lack aufgetragen. Mit verhängnisvollen Folgen: Werden die Figuren aus dem Wasser geborgen, pellt die Farbe ab, weil Farbe und Ton wegen dem Lack dazwischen keine Bindung eingehen konnten.
Das Blau bei den Ägyptern und bei den Chinesen
Pigmentproben der Krieger im Mikrogrammbereich hat Berke mittels Raman-Spektroskopie und mit Hilfe des Elektronenmikroskops, das zugleich eine Elementanalyse macht, untersucht. Seine Ergebnisse hat er mit denjenigen eines Kollegen, der das Blau der Ägypter erforscht hat, verglichen.
Dabei hat er herausgefunden, dass die Chinesen ihrem Blau Barium beigemischt hatten, im Blau der Ägypter war Calcium. Da die chemischen Elemente in der Antike noch nicht bekannt waren, sei es praktisch ausgeschlossen, dass Ägypter und Chinesen ihre Rezepte für das Herstellen ihres Blaus ausgetauscht oder kopiert hätten, sagt Berke. Bislang gab es keinen Forscher, der die beiden Blau miteinander verglichen hat.
Farbige Krieger in Bern
Acht der insgesamt 8'000 Terrakotta-Soldaten sind bis November im historischen Museum in Bern zu sehen. In der Ausstellung sind aber auch zwei nachgebildete, bunt angemalte Krieger zu sehen. Heinz Berke strahlt, als er die Figuren entdeckt: «Dieses sogenannte chinesische Purpur an den Ärmeln und dem Rock der Figur ist in meiner Arbeitsgruppe hergestellt worden.»
Link zur Ausstellung
Obwohl Berke seit zwei Jahren emeritiert ist, forscht er weiter am Blau des sogenannten achten Weltwunders. Mittlerweile hat er auch herausgefunden, dass es nicht nur ein Blau gibt. Die Chinesen verwendeten vier verschiedene Blautöne, die von Purpurblau bis Hellblau reichten.