Die Vorwürfe gegen die Stiftung Kunst, Kultur und Geschichte von Bruno Stefanini sind gewichtig: Die Kunstwerke würden nicht sachgerecht gelagert und seien kaum inventarisiert. Bruno Stefaninis Tochter Bettina wirft dem Stiftungsrat vor, man wolle sie und ihren Bruder mit einer Änderung der Statuten aus der Stiftung ausschliessen. Stefaninis Kinder wehren sich erbittert, derzeit befinden sich die beiden Streitparteien in einer Mediation.
Ist der Fall Stefanini ein Einzelfall?
Was sagt der Skandal um die Stiftung von Stefanini über das Stiftungsland Schweiz aus? Bestehen bei Schweizer Stiftungen grundlegende Probleme? Der Fall Stefanini sei ein Einzelfall, sagt der Anwalt und Kunstrechtsexperte Alexander Jolles: «Wenn man die Anzahl der Stiftungen in der Schweiz kennt, dann lesen wir letztlich in den Medien immer nur von ein paar wenigen, bei denen es Anlass zu Diskussionen gibt». Vom Grossteil der Stiftungen, die ihre Arbeit gut machen, wäre nichts zu lesen, so Jolles weiter.
Doch auch wenn es sich nur um einige wenige schwarze Schafe handelt – diese Fälle zeigen doch, was an Missbräuchen möglich ist im Stiftungsparadies Schweiz. Wer eine Stiftung gründen will, findet in der Schweiz dank einer liberalen Gesetzgebung optimale Rahmenbedingungen und wenig Kontrolle vor.
Die Kontrollinstanz steht im Fall Stefanini denn auch in der Kritik: Der eidgenössischen Stiftungsaufsicht lag bereits 2007 ein Gutachten vor, das die unsachgemässe Lagerung und unzureichende Inventarisierung in der Stiftung «Kunst, Kultur und Geschichte» bemängelte. Passiert ist dann aber wenig oder zumindest drang wenig davon an die Öffentlichkeit.
Benno Schubiger, Geschäftsführer der Sophie und Karl Binding Stiftung, kritisiert die Aufsicht ebenfalls vorsichtig: «Ich würde vermuten, dass sie ihren Auftrag etwas wenig intensiv auslegt, das heisst, sie interveniert ziemlich spät». Auch komme die Stiftungsaufsicht ihrer Informationspflicht zu wenig nach.
Fördern statt kontrollieren
Ist es also nötig, die Kontrolle zu verschärfen, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden? Alexander Jolles hält es nicht für die richtige Lösung, das komplizierte Schweizer Stiftungsrecht zu verändern – schliesslich seien Stiftungen letztlich Schenkungen, ein Stifter schenke Vermögenswerte und Kunstgegenstände an die Stiftung. «Das ist eine Privatinitiative, die es grundsätzlich zu fördern gilt und in die sich der Staat meiner Meinung nach nur mit einer grossen Zurückhaltung einmischen soll», so Jolles.
Die liberalen Schweizer Rahmenbedingungen für Stiftungen seien zu erhalten, auch wenn es in Einzelfällen Missbräuche gäbe, sagt Jolles weiter. Dennoch stellt sich die Frage, wie Missbräuche verhindert werden sollen, wenn an der rechtlichen Grundlage nichts geändert wird. In der Stiftungslandschaft werden derzeit Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert, es gibt Empfehlungen zu Good Governance und der liberale Think Tank «Avenir Suisse» rät in einer kürzlich veröffentlichten Studie dazu, die Kontrollinstanzen besser zu vernetzen.
Alternative Formen
Benno Schubiger von der Sophie und Karl Binding Stiftung ist anderer Meinung: schon vor der Stiftungsgründung sei bessere Beratung nötig, sagt er. Man müsse sich jeweils die Frage stellen, ob das Rechtsinstitut der Stiftung die richtige Lösung sei oder ob eine andere Form vielleicht sinnvoller wäre. Die grundlegende Schwierigkeit bleibt aber bestehen: um Missbräuche zu verhindern, muss einem geschenkten Gaul ins Maul geschaut werden.