James Ensors Familie führte im belgischen Küstenstädtchen Ostende ein Souvenirgeschäft, das der Künstler später in einem Brief als «ein Geschäft für Muscheln, Spitze, chinesisches Porzellan, ein unentwirrbares Durcheinander verschiedenster Dinge» beschrieb. Katzen, Papageien und Affen tollten durch die bunte Nippes-Welt mit ihren «schillernden Lichtreflexen auf den Muscheln und der Pracht der Spitze, merkwürdigen ausgestopften Tieren und den Waffen der Wilden, die mir Angst einjagten».
Dem jungen Ensor füllte diese wunderliche Warenwelt den Kopf mit Träumen. Für den Maler Ensor wurde sie ein grossartiger Fundus, aus dem er auch jenes Motiv schöpfte, das ihn weltberühmt machte: die Maske.
Das Scheinheilige, Hässliche, Bösartige
Die Maske, sie tummelt sich auf vielen Bildern Ensors. Karten spielend und Intrigen spinnend erscheinen die Masken auf seinen Gemälden, umringt von Skeletten oder von einer anonymen Menge zahlreicher weiterer Masken.
Die Maske sei bei Ensor «eine entscheidende Chiffre für den Bruch der Moderne», erklärt Nina Zimmer, Kuratorin der Basler Ausstellung. Mit dem Motiv der Maske kann Ensor «Gesellschaftskritik üben, er kann alles Scheinheilige, Hässliche, Bösartige, Hintertriebene demaskieren. Aber er dreht es auch um, und macht auch die Maske zur überraschten Maske.»
Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel konzentriert sich jedoch nicht nur auf die populären Masken-Bilder. Sie führt durch das gesamte Lebenswerk des belgischen Symbolisten und zeigt neben zahlreichen Gemälden auch Zeichnungen und Grafiken. In diesen Arbeiten auf Papier kommt Ensors Vorliebe für das Abseitige und Groteske, Bizarre und manchmal auch Burleske besonders deutlich zum Ausdruck. Mit Witz und Wonne karikiert er schlechte Ärzte, alte Lüstlinge und gute Richter.
Unterschätztes Spätwerk
Link zur Ausstellung
Die Seestücke und Interieurs des jungen Künstlers zeugen dagegen noch deutlich vom Geschmack seiner Zeit. Lichtvollen Blicken über die See oder die Dächer von Ostende sieht man Ensors Begeisterung für William Turner und die Impressionisten an.
Eine Überraschung sind die Gemälde aus dem bisher wenig beachteten Spätwerk. Nach 1900 greift Ensor immer wieder auf traditionelle Sujets zurück, die ihn schon in seiner Jugend beschäftigt haben: Landschaften, aber auch Stillleben. Noch bei der grossen Ensor-Retrospektive 2009 im MoMa New York wurden diese Arbeiten wie selbstverständlich ausgeklammert. Doch inzwischen hat die Forschung den späten Ensor für sich entdeckt. So sind in Basel auch einige Stillleben und Landschaften des reifen Künstlers zu sehen, die durch ihre luziden Farben faszinieren.