Leicht bekleidete, schlanke, junge, weisse Frauen werben für – eigentlich alles. Das macht die Ausstellung klar. Hier hängen Plakate mit halb bis gänzlich nackten Frauen für Jeans, aber auch für Bier, Warenmessen oder eine Eisenbahnausstellung. Bei Männern hingegen sieht man weniger nackte Haut.
«In der Werbung wurde seit den ersten Bild-Plakaten der weibliche Körper als erotisches Objekt eingesetzt», sagt Bettina Richter, Kuratorin der Plakatsammlung des Museums für Gestaltung Zürich. «Der männliche Körper hingegen steht immer für etwas anderes: eine gesellschaftliche Position, ethische Werte – aber nicht als Körper für sich.»
Der erste nackte Mann
Dass Männer dann doch noch mehr Haut zeigten, liegt an einem ikonischen Plakat. 1971, knapp ein Jahrhundert nach der ersten Bildwerbung, zieht sich der französische Modeschöpfer Yves Saint Laurent aus und posiert splitterfasernackt für sein eigenes Parfum.
Körper in der Werbung sagen viel aus über gesellschaftspolitische Prozesse. Bettina Richter hat zum Beispiel festgestellt, dass es auch in der Sammlung des Museums für Gestaltung Leerstellen gibt. Sie wurde mit einem westlichen Blick zusammengetragen.
Diversität? Fehlanzeige!
«Queere Körper werden noch immer völlig ausgelassen», sagt sie. «Schwarze Menschen kommen immer nur in bestimmten Kampagnen vor, ebenso Menschen mit Behinderungen.» Auch alte Körper würden immer noch stark an den Rand gedrängt.
Natürlich gibt es Ausnahmen, auch in der Ausstellung. Eine Sportartikelfirma wirbt mit einem Model mit Downsyndrom. Ein Onlinehändler für Bekleidung nutzt Models mit nicht pseudo-genormten Körpern. Diese Ansätze seien jedoch meist nur ein Tropfen auf dem heissen Stein: «Denn diese Firmen brechen diese Ansätze immer wieder und gehen zu normschönen jungen, gesunden Körpern zurück.» Solche Werbung verkaufe sich – und damit die Produkte – nach wie vor am besten.
Die Ausstellung erkundet auch den Giftschrank der eigenen Sammlung des Museums. Kuratorin Bettina Richter thematisiert den kolonialistisch-rassistischen Blick und zeigt die dazugehörigen Plakate – mutig und heikel zugleich: «Es ist eine Gratwanderung», bekennt sie. «Wir haben diese Bilder verinnerlicht. Deswegen ist es mir wichtig, dass diese Plakate nicht einfach in Schubladen verschwinden.» Denn sie erzählten, woher unsere heutigen Sichtweisen und Stereotypen stammten.
Werbung mit stereotypen Mustern
Alltagsgegenstände ergänzen die Schau. Eine Schuhcreme, auf der ein Mensch rassistisch-kolonialistisch als Schuhputzer dargestellt ist. Oder ein Aschenbecher mit einer nackten Frau.
Den progressivsten Umgang mit Körpern leisten die gezeigten künstlerischen Positionen: Die Italienerin Alba D’Urbano etwa hat ihren Körper auf Kleidung gedruckt, sie trägt ihre Haut zu Markte.
Bleibt am Schluss die Gretchenfrage: Wie wirbt die Ausstellung für sich selbst? Das Plakat zur Ausstellung ist eine Collage aus Körperbildern, bei der jedoch eine Frauenbüste und ein Waschbrettbauch dominieren. «Die weiblichen und männlichen jungen Körper spiegeln immer noch unsere Sichtweisen und können kaum dekonstruiert werden», so die Kuratorin: «Genau darum geht's.» Das Plakat polarisiert.
Körperdarstellungen im öffentlichen Raum bleiben heikel. Das erfährt man im Museum für Gestaltung am eigenen Leib.