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Bild 1 von 9. «Als mein Vater zu Hause unruhig wurde, begann ich zwei bis drei Mal die Woche mit ihm spazieren zu gehen», schreibt Giuseppe Micciche im Vorwort zu «Cento Passi». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi.
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Bild 2 von 9. «Unser Bewegungsradius beschränkte sich auf das Quartier, in dem er gelebt und gearbeitet hat, seit er aus Sizilien nach Winterthur gekommen ist, um Arbeit zu suchen.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 3 von 9. «Tagebuchartig dokumentierte ich unsere Streifzüge mit der Kamera; anfangs öfters – als seine Schritte unsicherer wurden, immer seltener.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 4 von 9. «Es wurde mir erst nach und nach bewusst, dass dies ein Versuch war, die Zeit anzuhalten, dem Vergessen etwas entgegenzusetzen und einen nie wiederkehrenden Moment festzuhalten.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 5 von 9. «Mein Blick war auf meinen Vater gerichtet, aber auch auf die Stadt, in der er seinen Schweizer Lebensabschnitt verbracht hat.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 6 von 9. «33 Jahre lang war er als Magaziner in der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik angestellt und arbeitete genau dort, wo heute ein riesiges Loch klafft.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 7 von 9. «Da wo wir gewohnt haben, steht jetzt eine Tankstelle und der McDonalds Drive-In wurde auf dem Flecken Land errichtet, wo meine Familie und ich jede freie Minute verbracht haben: dem Schrebergarten der Sulzer, den mein Vater so liebte.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 8 von 9. «All diese Orte meiner Kindheit existieren in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
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Bild 9 von 9. «Sie sind Zeugen des Wandels der ehemaligen Industriestadt Winterthur und für immer verbunden mit der Lebensgeschichte meines Vaters.». Bildquelle: Giuseppe Micciché, Cento Passi .
Cento passi – hundert Schritte – steht im Italienischen für etwas Flüchtiges, Vergehendes, für eine kleine Weile, eine kurze Distanz. Genau das hat der Winterthurer Fotograf Giuseppe Micchiché zusammen mit seinem demenzkranken Vater getan: die Wohnung jeweils eine kurze Zeit verlassen für kleine Streifzüge durchs Quartier.
Aus den gemeinsamen Ausflügen in der Stadt, wo der Vater sein Erwachsenenleben und der Fotograf seine Kindheit und Jugend verbracht haben, ist das liebevolle und melancholische Buchprojekt «Cento Passi» entstanden.
Stadtrundgang voller Erinnerungen
Miccichés Bilder zeigen den Vater, wie er staunend durch sein Viertel in Winterthur geht. Man sieht durch die Kameras des Sohns, was der Vater erblickt. In jener Stadt, wo – genau wie in seinem Kopf – innerhalb kürzester Zeit so vieles verloren gegangen ist.
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Man schaut dem Vater zu, wie er durch einen Ausschnitt einer Bauabschrankung blickt. Dahinter klafft ein Loch – da, wo früher die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik stand, für die er während 33 Jahren gearbeitet hat. Die Erinnerungen verschwinden nicht nur aus Vaters Gedächtnis, sondern auch aus der Realität.
Festhalten, was nicht vergessen werden soll
Eigentlich wollte Giuseppe Micciché mit diesen kurzen Ausflügen nur die Mutter entlasten. Denn der Vater entwickelte im Verlauf seiner Erkrankung einen grossen Bewegungsdrang. Erst nach und nach habe er realisiert, sagt Giuseppe Micciché, dass es auf diesen Spaziergängen auch um ihn selbst ging. Dass er mit seiner Kamera festhalten wollte, was nicht vergessen gehen sollte: sein Vater, der ihn grossgezogen hat, und die Stadt, in der er aufgewachsen ist.
Micciché wurde für die fotografische Begleitung seines Vaters auf dessen Spaziergängen mit dem Swiss Design Award 2013 ausgezeichnet. Für «Cento Passi» erhielt er auch das Werk- und Atelierstipendium der Stadt Zürich, das er zurzeit in New York verbringt. Im Herbst wird die berührende Foto-Serie auch in Buchform in der Edition Patrick Frey veröffentlicht.