Alle Kunstwerke, die zwischen 1933 und 1945 von Schweizer Museen oder Sammlungen gekauft wurden, könnten theoretisch von Nazis geraubt worden sein. Gesetzlich ist in der Schweiz niemand dazu verpflichtet, die Herkunft von Kunstwerken zu erforschen und diese gegebenenfalls zurückzugeben. Aber das Bundesamt für Kultur (BAK) appelliert nun mit einem neuen Portal an freiwillige Provenienzforschung, d.h. der Herkunft von Werken nachzuspüren.
Eine Plattform, um zu sensibilisieren
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«Es ist ein Ziel dieser Internetplattform, die Museen und Sammlungen, aber auch die politischen Entscheidungsträger zu sensibilisieren. Zu zeigen, dass es nach wie vor ein Thema ist. Und es ist wichtig, dass auf der Plattform auch die finanziellen Mittel besprochen werden können, um entsprechende Provenienz-Forschungen zu ermöglichen», erklärt Benno Widmer Leiter der Fachstelle für internationalen Kulturgütertransfer des Bundesamts für Kultur (BAK). Thomas Buomberger sieht genau darin das Problem: «In der Schweiz wird die Provenienzforschung nicht staatlich finanziert», erklärt der Historiker und Autor, «und sie beruht auf Freiwilligkeit, deswegen wurde noch nicht viel gemacht.»
Die Schweiz steht hintenan
Mit der BAK-Initiative folgt die Schweiz dem Beispiel anderer Länder wie Deutschland, Österreich oder den USA, die die Provenienzforschung bereits seit einigen Jahren vorantreiben. «Die Schweiz steht da ziemlich weit hintenan», so Thomas Buomberger.
Die Lancierung der Plattform für NS-Raubkunst ist ein Projekt zur Umsetzung der «Washingtoner Richtlinien» aus dem Jahr 1998. Hier hat die Schweiz, zusammen mit 42 weiteren Staaten ein Papier unterschrieben, das international regelt, wie mit von den Nazis konfiszierten Kunstwerken zu verfahren ist.
Hilfe zur Selbsthilfe
Das Portal soll Museen und Sammlungen mit verlässlichen Informationen versorgen - sowohl zum Aufspüren von Raubkunst wie zum Erarbeiten von Lösungsvorschlägen. Genau genommen handelt es sich hierbei um eine Unterseite des BAK-Portals und der Rubrik «Kulturerbe», das eine Übersicht über relevante Archivbestände, Literaturvorschläge und Checklisten beinhalten. Zudem enthält es eine Übersicht der für die NS-Raubkunst relevanten Datenbanken.
Die Dienstleistung des BAK, die am Montag an einer internationalen Tagung im Zentrum Paul Klee in Bern vorgestellt wurde, geht auf einen Auftrag des Bundesrates zurück. Dieser hatte aufgrund einer Umfrage entschieden, den Museen und Sammlungen «Hilfe zur Selbsthilfe» bei der Provenienzforschung anzubieten.