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Kunst Party, Prunk und Plastikbecher an der Art Basel Miami

Die Art Basel in Miami ist in zwölf Jahren zu einem Magneten geworden. Angezogen wird das Geschäft mit Kunst aller Art. 20 Nebenmessen kämpfen um die Aufmerksamkeit des Publikums. Dabei garantiert Quantität keine Qualität.

Wer zur Ausstellung «Angel Without you» will, muss ein paar Kilometer bis an den Stadtrand von Miami fahren. Trotzdem hat sich das Publikum um die begrenzte Zahl der Einladungen für die Eröffnung gerissen. Es ist die Ausstellung von Tracey Emin, derzeit die bekannteste Künstlerin Englands. Organisiert hat die Party im Museum of Contemporary Art Amerikas bedeutendstes Gesellschaftsmagazin «Vanity Fair». Unterstützt von einer Wodkafirma, die ihren Schriftzug im Garten gross auf eine Wand projiziert hat. Gleich neben eine von 60 Neon-Schrift-Skulpturen der Künstlerin. Die dürfte das nicht gestört haben.

Schampus aus Plastikbechern

Blaues Zelt, im Innern bedruckt.
Legende: «Everyone I Have Ever Slept With 1963–1995» von Tracey Emin (1995). Tyrenius

Emin deutete nämlich bereits vor 18 Jahren eine gewisse Schamlosigkeit an. Damals sorgte ein von ihr gestaltetes Zelt für Aufsehen. Titel des Werkes: «Jeder, mit dem ich jemals zwischen 1963 und 1995 geschlafen habe.»

Ihr Auftritt am Rande der Art Basel Miami ist berechnet, gibt die Künstlerin freimütig zu: «Ich will, dass die Kunstwelt meine Show sieht. Das Timing ist wichtig.» An der Vernissage hat es Cocktails, Wein und Schampus gegeben – aus Plastikbechern.

Achtlose Wegwerf-Kultur statt stilvollen Genusses. In diesem Land lebt die Kunst von neureichen, wohlhabenden Gönnern. Sie sind gekommen, um sich im tagelangen Trubel einen Eindruck zu verschaffen. Womöglich werden sie sogar Kunst kaufen.

Es geht vor allem um das Drumherum

Der amerikanische Maler Chuck Close hat einmal sehr pointiert beschrieben, wie eine Kunstmesse aus dem Blickwinkel eines Künstlers wirkt: «Als nähme man eine Kuh und gebe ihr eine Führung durchs Schlachthaus.»

Porträtaufnahme Julian Charrière
Legende: Julian Charrière vor seiner Reihe «Some Pigeons are more equal than others». Doris ChevronCelebrand

Etwas entspannter sieht das der junge Waadtländer Julian Charrière. Der Fotograf hat in Berlin studiert und lebt dort. Vor wenigen Tagen hat er den Prix Manor Vaud zuerkannt bekommen. Die Nachricht hat ihn während der Reise nach Florida erreicht. Hier zeigt er auf der Nebenmesse «Untitled» in einem grossen Zelt am Strand einige Werke. Der 26-Jährige betrachtet den Messerummel aus der Halbdistanz: «Messen sind eigentlich ein ganz schlechter Ort, um Kunst wahrzunehmen. Aber ein ganz lustiger Ort, um das Drumherum der Kunstwelt mitzuerleben.»

Marina Abramovic war da, besuchte aber die Messe nicht

Es ist ziemlich schwierig für Künstler, in dem Wust aus Schauplätzen und Veranstaltungen aufzufallen. Es gibt 20 Nebenmessen mit Namen wie NADA, Pulse, Context oder Ink: Sie alle buhlen um Aufmerksamkeit. Manche öffneten denn auch bereits am Montag.

So auch die «Untitled», bei der die Performance-Künstlerin Marina Abramovic als unumstrittener Star des Abends im Mittelpunkt gestanden hat. Ihre Einschätzung der Kakophonie: «Das wächst von Jahr zu Jahr. Natürlich gibt es hier schlechte Sachen. Aber man kann dazwischen auch Qualität entdecken. Es ist wichtig, dass man seine eigene Auswahl trifft.» Marina Abramovic ist allerdings einen Tag später wieder abgereist. Sie hat darauf verzichtet, sich in den Messerummel zu stürzen.

Kunstsammler: «Es ist ein Rennen.»

Am Mittwochmorgen, Punkt 11 Uhr, haben die Besucher mit VIP-Status die Gelegenheit bekommen, als erste exklusiv durch die Ausstellungsräume der Hauptmesse im Conventions Center von Miami Beach zu spazieren. Hunderte sind gekommen. Regelrechtes Jagdfieber hat die Menge erfasst. Armando Andrade, ein Kunstsammler aus der peruanischen Hauptstadt Lima, hat das im Gespräch bestätigt: «Ja, es ist ein Rennen. Manchmal gewinnst du, manchmal nicht. Ich liebe die Jagd.»

Gebäude mit vielen schlanken Säulen und einem überragenden Dach
Legende: Das Perez Art Museum ist an die subtropische Palmenlandschaft angepasst. Keystone

Kunstkäufer wie er setzen Prioritäten. Die haben keine Zeit, etwa zu den Eröffnungsfeierlichkeiten des neuen Perez Art Museums zu gehen. Die Einweihung der Einrichtung ist bereits Wochen vorher amerikaweit Thema in der Presse gewesen.

Nicht nur, weil der Neubau vom berühmten Basler Architekturbüro Herzog & de Meuron entworfen wurde. Sondern auch, weil sich mit dem Namensgeber eine interessante Geschichte verbindet. Investiert hat Jorge Perez, ein Immobilienunternehmer. Er hat in Florida genug verdient, um dem Museum Geld und Kunst aus seiner Sammlung zu spendieren. Gesamtwert der Gabe: Rund 40 Millionen Franken. Für ein Haus, dessen Baukosten allein bei mehr als 120 Millionen Franken liegen.

Porträtaufnahme
Legende: Marc Spiegler. Courtesy Art Basel

Ist die Messe zu gross?

Man muss befürchten, dass viele Ereignisse und Veranstaltungen – vor allem die von Sponsoren, die sich wie Kletten an das Geschehen heften – womöglich vom Kernereignis ablenken. Doch für Art-Basel-Direktor Marc Spiegler liegt alles noch im grünen Bereich: «Zu groß ist eine Messe dann, wenn man als Besucher mehr als zwei Tage braucht.»

Moderne Kunst als eine Art teurer Einrichtungsgegenstand

Auch die Art Basel selbst hat zusätzliche Ausstellungen organisiert. Gleich gegenüber der Hauptveranstaltung, auf einem Parkplatz in einem Zelt findet die Design Miami statt. Das passt komplementär zur Interessenslage des Publikums von Miami, das sich für moderne Kunst auf eine ähnliche Weise interessiert wie für teure Einrichtungsgegenstände. Das Interesse ist allerdings vom Finanzmarkt abhängig, weiss Marianne Göbel, die Direktorin von Design Miami. 2008 und 2009 seien stark von der Krise betroffen gewesen. «Das haben wir deutlich gespürt», sagt sie. Aber seit 2010 «haben wir ein kontinuierliches, gesundes Wachstum erlebt.»

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