In vielen Farbkonzepten und formalen Details berühren sich Paul Klee (1879-1940) und Johannes Itten (1888-1967) dermassen stark, dass die Unterscheidung schwer fällt. Unter dem Motto «Kosmos Farbe» lädt eine Ausstellung zu den beiden Malern zu einer spannenden Sehschule ein.
Promenade durch den Farbkreis
Das Ausstellungskonzept von «Itten – Klee. Kosmos Farbe» im Kunstmuseum Bern basiert auf zwei eng miteinander verwandten Einfällen. Da Itten und Klee die Farbe Grau als Zentrum des Farbkosmos verstanden, wurden graue Wandflächen gewählt. Von Ittens Farbkreis, der den strahlenden Auftakt bildet, sind die den Raumnummern unterlegten Farben abgeleitet.
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Wenn der Besucher gleichsam durch diesen Farbkreis schreitet, stösst er auf zahlreiche Schlüsselwerke beider Künstler. Dank der chronologischen Gestaltung vermittelt die Ausstellung einen repräsentativen Querschnitt durch ihr Schaffen.
Erstaunliche Parallelen
Gemeinsamkeiten zwischen den beiden beginnen aber schon vor der Malerei in der Herkunft und späteren Biografie. Paul Klee kam in Münchenbuchsee bei Bern zur Welt, Johannes Itten wurde neun Jahre später im Berner Oberland geboren. Beide waren am Weimarer Bauhaus aktiv. Beide Künstler begannen 1914 nahezu zeitgleich, sich mit der Farbenlehre auseinanderzusetzen und ihre eigenen Umsetzungen zu entwickeln - auch wenn sie grundverschiedene Menschen waren, wie Matthias Frehner, Direktor des Kunstmuseums Bern, erzählt:
Der Farbenpoet Klee
Die Bedeutung der Farbe für seine Weiterentwicklung erschloss sich Klee 1914 auf der legendären Tunesienreise im Fazit «Die Farbe hat mich. Ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler», und in farbintensiven Aquarellen.
Aus jener Zeit zeigt das Kunstmuseum Bern das aus diversen Farbflächen komponierte, längst populäre Aquarell «Der Niesen», welches zu den hauseigenen Schätzen gehört.
Der Mystiker Itten
Itten ging 1915 von der Kontrastfarbenlehre seines Lehrers Adolf Hölzel in Stuttgart aus, als er seine Lehre zu einer Kosmologie zu erweitern versuchte. Prägend für sein Werk ist daher seine Auseinandersetzung mit Astrologie, Mathematik und Mystik.
Zusammen in Weimar
Während Itten ab 1919 am Bauhaus in Weimar unterrichtete, trat Klee drei Jahre später dort in den Lehrkörper ein. Wie aus der Ausstellung hervorgeht, führten Gemälde wie Klees «Ad Parnassum» und Ittens «Vorfrühling» oder horizontal-vertikale Bildkompositionen mit feingestuften Farbflächen immer wieder zu einem anregenden Dialog.
Kunst nicht als Broterwerb
Itten arbeitete meist als Kunstlehrer und Museumsleiter. Für seine Tocher Marion Lichardus-Itten ist das auch eine Erklärung dafür, dass Johannes Itten nicht ganz so bekannt ist wie Paul Klee. Ausserdem sah Itten die Kunst anfangs nicht als Broterwerb, sagt seine Tochter.