Ein oranges Blumenmeer führt zum Eingang des chinesischen Pavillons an der Mailänder Weltausstellung. Es ist ein Bau, der einen sofort anspricht: eine sanft geschwungene Holzkonstruktion, bestehend aus zwei grossen Wellen. Man fühlt sich an traditionelle chinesische Bauten erinnert, die ebenfalls geschwungene Linien aufweisen.
Erst auf den zweiten Blick entdeckt man in der Dachkonstruktion moderne Stahl-Verstrebungen und eine Hightech-Membran. Dem Architekturkritiker und Redaktor der Zeitschrift «Hochparterre» Andres Herzog zeigt sich in dieser Konstruktion Chinas Weg zwischen Vergangenheit und Zukunft: «Es sieht für mich ein wenig so aus, als versuche China Tradition und Innovation zu verbinden.»
Ein bisschen Tradition, ein bisschen Moderne
Im Inneren des Pavillons führt der Weg vorbei an nostalgischen Bildern aus vergangenen Zeiten. Da sind zum Beispiel Reisbauern abgebildet, die ohne jegliche technische Hilfsmittel das traditionelle Getreide ernten. Oder eine grosse Familie, die um den Esstisch sitzt. Steigt man in den oberen Bereich des Pavillons, findet man sich inmitten eines aus LED-Leuchtstäben bestehenden Blumenfeldes wieder. Die Leuchtstäbe ändern dauernd ihre Farben und erzeugen eine geheimnisvolle Atmosphäre. Mystische Klänge ergänzen das Erlebnis im Herzstück des Pavillons.
Der Bau überzeuge aus ästhetischer Sicht, findet Andres Herzog. «Aber es werden zu viele Geschichten gleichzeitig erzählt», sagt er weiter. Ein wenig Tradition hier, ein bisschen Hightech da – einen eigentlichen roten Faden, der durch das Gebäude führt, gibt es nicht. Insgesamt ist für Herzog der chinesische Pavillon ein Versuch, «eine nationale Identität mit einer globalen Architektursprache zu verbinden.»
Grossbritannien setzt auf Kunst
Von nationaler Identität ist beim britischen Pavillon auf den ersten Blick gar nichts zu spüren. Hier dominiert die thematische Klammer der Expo: die Ernährung. Am Eingang des Geländes stehen Bienenkästen. Wenn man genau hinhört, nimmt man ein künstlich erzeugtes Summen war. Gleich hinter den hellen Holzkästen erstreckt sich eine grosse Blumenwiese, durch die ein verschlungener Weg führt. Er endet vor einer riesigen, begehbaren Metallskulptur; es ist ein nachgeahmter Bienenstock, bestehend aus filigranen Stahlverstrebungen, die mit kleinen Lämpchen versehen sind.
Erst wenn man auf der Plattform inmitten der Skulptur steht, sieht man, dass die Lämpchen mal mehr und mal weniger leuchten. Der Grund: Die Mega-Skulptur ist elektronisch mit einem Bienenstock in Nottingham verbunden – fliegen dort mehr Bienen in den Stock, leuchten in der Skulptur in Mailand mehr Lämpchen und das Summen wird lauter.
Mehr britische Architektur denn britische Identität
Von der Gestaltung her ist der britische Pavillon äusserst faszinierend. Aber was ist nun an dieser Blumenwiese und der grossen Metallskulptur typisch britisch? Spiegeln diese die Identität des Landes wider? «Jein», sagt Andres Herzog, «in erster Linie ist dieser Pavillon Kunst.» Kein Wunder, ist doch der britische Pavillon einer der wenigen, die von einem Künstler konzipiert wurden. Verantwortlich für den Riesen-Bienenstock zeichnet sich der Nottinghamer Künstler Wolfgang Buttress.