Das Werk von Markus Raetz bietet eine Entdeckungsreise in die Welt des Sehens und Wahrnehmens. Dieses Jahr wird der Berner 75, seine Kunst war bis jetzt aber südlich der Alpen noch nie zu sehen. Das neue Kunst- und Kulturzentrum Lugano LAC zeigt nun gleich 150 seiner Werke – zum ersten Mal auch die grosse Installation «Chambre de lecture», die Raetz letztes Jahr fertiggestellt hat.
Spiel mit der Wahrnehmung
«Chambre de lecture»: Das ist ein grosser Raum, an unsichtbaren Fäden hängen 432 Profile menschlicher Gesichter, die aus je einem Stück Draht gebogen worden sind. Die Besucher erzeugen Luftströme, wie von unsichtbarer Hand bewegt drehen sich die Profile, erscheinen einmal als gerader Strich, dann als Umriss eines Gesichts.
Die Ausstellung in Lugano zeigt alle Schaffensperioden des Künstlers von seinen Anfängen bis heute. Doch der rote Faden ist kein chronologischer: Da werden Themenwelten zusammengeführt, die Werke aus verschiedenen Schaffensperioden treten in Dialog zueinander. So spielen die Ausstellungsmacher mit der Wahrnehmung der Besucher.
Zu sehen ist das Ideen-Repertoire des Künstlers, der Landschaften, Worte oder Antlitze in verschiedenen Schaffensphasen mit unterschiedlichen Techniken immer wieder neu entdeckt.
«Es funktioniert»
Im neuen Kunst- und Kulturzentrum Lugano wird nicht nur bildende Kunst gezeigt. Hier wird auch klassische Musik gespielt, es gibt Jazz zu hören und Theater zu sehen. Das alles im gleichen Haus. Das alles seit letztem September. «Es funktioniert», sagt Marco Franciolli, der Direktor des Kunstmuseums im LAC. Sein Team sei belohnt worden durch ein zahlreiches und lebhaftes Publikum. Das LAC sei volksnah geworden – im besten Sinn des Wortes.
Das LAC lebt also, und es ist jung geworden. Klassische Musik spreche für gewöhnlich wenig junge Menschen an, sagt Franciolli. Auch das Kunstmuseum habe in seinen bisherigen Museumsgebäuden jugendliche Gäste nur bei ganz besonderen Anlässen gesehen. Das sei anders geworden im neuen Kunst und Kulturzentrum LAC.
Bisher waren die Kunstmuseen im Tessin in alten Herrschaftshäusern untergebracht. Umso mehr besticht die neue Architektur: Die hohen, grossen Säle im LAC mit dem besonderen Licht sind mit ein Grund für den guten Start.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 09.02.2015, 07:20 Uhr