«Lügenbusse», «Monument für den Schariastaat» oder schlicht «eine Schande»: nicht allen gefällt eine Kunstinstallation, die aktuell in Dresden steht. Der Stein des Anstosses: drei senkrecht aufgerichtete Buswracks vor der Dresdner Frauenkirche.
Mit seinem «Monument» will der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni an das zerstörte Aleppo erinnern. Die Busse imitieren eine Strassensperre, die Zivilisten dort im März 2015 mutmasslich als Schutz vor Scharfschützen aufgerichtet hatten.
Empörung versus Kunstfreiheit
Die AfD und die Pegida, die sich seit Herbst 2014 fast wöchentlich vor der Frauenkirche versammeln, protestierten lautstark gegen die Busse. Ein empörter Bürger stellte gar einen Eilantrag gegen das Kunstwerk: es verletze seine Rechte.
Nun entschied das deutsche Verwaltungsgericht: die Busse dürfen bleiben. Es gebe kein Recht, das einen Bürger beim Betrachten eines Kunstwerks davor schützt, «dass dieses bei ihm keinerlei anstössige Wertung erregt» – so die Richter.
Schandtafel am Strand
Es ist nicht die erste Kunstaktion, die während der Flüchtlingskrise polarisierte: Barcelona etwa errichtete im Juli 2016 an einem beliebten Strand einen digitale «Anzeige der Schande». Ein Display zeigt an, wie viele Menschen bisher bei der Flucht übers Mittelmeer starben.
Bei der Eröffnung wurde Bürgermeisterin Ada Colau ausgebuht: Am selben Strand wurden Flüchtlinge, die illegal musizieren oder Souvenirs verkaufen, festgenommen.
Der Künstler als Flüchtlingsjunge
Der chinesische Künstler Ai WeiWei reiste während der Flüchtlingskrise nach Lesbos. Und machte dann mit mehreren Aktionen auf die Missstände dort aufmerksam. Wo WeiWei drauf steht, ist Aufmerksamkeit gewiss: etwa für das Foto, bei dem er den toten syrischen Jungen Aylan Kurdi nachstellt.
Ai WeiWeis Aktion sei zynisch und schlachte die Tragödie aus, so Kritiker.
Rettungswesten und Gummibote
14'000 Schwimmwesten, die Flüchtlinge an griechischen Stränden zurückgelassen hatten: Damit «schmückte» Ai WeiWei das Konzerthaus am Gendarmenmarkt mitten in Berlin.
Eine provokante, knallige Erinnerung an jene, denen die Westen nichts nützten. Provokant auch das Timing: im Februar 2016 zog die Berlinale besonders viele Besucher in die Stadt.
In Florenz sorgte Ai WeiWei im Herbst mit «Reframe» für Irritation: Während er im Innern seine Kunst ausstellte, befestigte er an der Fassade des altehrwürdigen Renaissance-Palasts «Palazzo Strozzi» orangefarbene Schlauchboote.
Auf der Facebook-Seite des Bürgermeisters liessen einige Florentiner, die ihre Steuergelder verschwendet sahen, Dampf ab.
Ein Junge wird zur Ikone
Der Flüchtlingsjunge Aylan tauchte auch auf einem riesigen Graffiti in Frankfurt auf. Zwei Sprayer brachten das 20 mal 6 Meter grosse Mahnmal unweit der Europäischen Zentralbank an und nannten es: «Der Tod und das Geld».
Es wurde später mit der Parole «Grenzen retten Leben!» beschmiert – die Polizei vermutete dahinter Rechtsextreme.
Kunst oder Politik?
Irgendwo zwischen politischer Aktion und Kunst: Das «Zentrum für politische Schönheit» des Deutsch-Schweizers Philipp Ruch eckte mehrfach an.
In Berlin gruben sie Gräber vor dem Bundestag oder drohten, Flüchtlinge von Tigern fressen zu lassen. Ruch stand auch hinter dem umstrittenen «Schweiz Entköppeln» des Theater Neumarkt (im Bild).
Licht gegen Grenzen
Nicht nur grünes Licht für Ólafur Elíasson: Der Lichtkünstler liess für «Green Light» Flüchtlinge gemeinsam anderen Teilnehmern Lampen basteln.
Nicht jeder fand es gut. «Was, wenn Elíasson einen vergleichbaren Workshop den Angehörigen von Opfern der Terroranschlägen vom 13. November 2015 in Paris anböte?», fragte etwa die Kulturseite Perlentaucher.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten,16.02.2017, 06:00 Uhr