Einst galt ein Häuschen in Bombay Beach als gute Investition. Am Ufer des Saltonsees gelegen wurde der Ort in den 1950er-Jahren als Ferientraum vermarktet, wo sich unter anderem Frank Sinatra, Jerry Lewis und die Beach Boys vergnügten.
Hotels wurden gebaut, Golfclubs und sogar einen Yachtclub gab es hier, gebaut vom Schweizer Architekten Albert Frey. Zu den besten Zeiten besuchten jährlich 1.5 Millionen Touristen das Erholungsgebiet.
Der Saltonsee entstand 1905, als Hochwasser einen Damm des Colorado River durchbrach und ein ausgetrocknetes Seebett flutete. Der Kanal wurde repariert, doch der See blieb bestehen. Er ist mit 1000 Quadratkilometer der grösste See Kaliforniens, mitten in der Wüste – circa eine Stunde entfernt von Palm Springs. Ein Gewässer ohne Abfluss.
Das Ende der Salton Rivera
Von Ferienstimmung zeugt heute nur noch ein vergilbtes Billboard am Ortseingang. In den 1970er-Jahren nahm das Desaster seinen Anfang: Aufgrund extremer Trockenheit begann der See auszutrocknen und gab einen schlammigen Meeresboden frei, der mit Pestiziden aus landwirtschaftlichen Abwässern verseucht war.
Der Salzgehalt stieg, Fische und Vögel starben. Ätzender Gestank nach faulen Eiern und toten Fischen vertrieb die Feriengäste. Albert Freys Yachtclub schloss seine Türen und gammelte fortan vor sich hin. In Bombay Beach wohnen blieben die, die es sich nicht leisten konnten, wegzuziehen.
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Bild 1 von 4. So präsentiert sich Bombay Beach seit einer Weile: Verwaiste Trailer in staubiger Kulisse. Bildquelle: Sarah Remetch Ingram.
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Bild 2 von 4. Mit dem Austrocknen hat sich der Saltonsee vom Bombay Beach entfernt – das Ende des Strandresorts. Bildquelle: Sarah Remetch Ingram.
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Bild 3 von 4. Doch: Kunstobjekte, wie diese spacige Skulptur die überall in Bombay Beach errichtet werden, hauchen der Geisterstadt neues Leben ein. Bildquelle: Sarah Remetch Ingram.
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Bild 4 von 4. Die Luftqualität könnte immer noch besser sein, aber der Spass ist wieder nach Bombay Beach zurückgekehrt. Bildquelle: Sarah Remetch Ingram.
Heute leben noch circa 200 Bewohner in Bombay Beach. Geblieben ist auch die Bar «Ski Inn». Ein Zufluchtsort für die Überlebenden mitten im postapokalyptischen Alptraum: Die meisten Häuser und Grundstücke sind verlassen. Im Internet warnten Besucher davor, hier eine Nacht zu verbringen. Bombay Beach schien lange Zeit dem Untergang geweiht.
Doch es gibt Hoffnung
Vor circa zehn Jahren entdeckten Künstler und Hipster aus aller Welt den rauen Ort als Spielwiese für sich. Auf den verlassenen Grundstücken entstanden bizarre Skulpturen: Türen führen ins Nirgendwo, eine Bali-Schaukel lädt über toxischem Wasser zum Schwingen ein, Spiegelsäle schmücken unbewohnte Trailer. Und es entsteht immer mehr Kunst.
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Bild 1 von 5. Ob Metallskulptur in Form eines fliegenden Fischs ... Bildquelle: IMAGO/ZUMA Press Wire.
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Bild 2 von 5. ... eine mysteriöse Tür ins Nirvana ... Bildquelle: IMAGO/Dreamstime.
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Bild 3 von 5. ... kleine aber feine Interventionen ... Bildquelle: IMAGO/Dreamstime.
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Bild 4 von 5. ... oder bunte Bildschirme: Bombay Beach mausert sich wieder zu einer sehenswerten Gegend. Bildquelle: IMAGO/Pond5 Images.
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Bild 5 von 5. Inklusive eines Hauchs Ferienstimmung. Bildquelle: IMAGO/Depositphotos.
Mittlerweile kann man in Bombay Beach Museen und Kunstgalerien besuchen, im Autokino Filme anschauen und sich im tiefsten Club Kaliforniens die Nächte um die Ohren schlagen. Grossen Anteil am künstlerischen Aufschwung hat die jährliche Kunstmesse: die Bombay Beach Biennale.
Und dann: eine Kunstmesse
Im Jahr 2015 gründete Tao Ruspoli mit ein paar Freunden die nicht kommerzielle Messe: «Ich fuhr immer wieder nach Bombay Beach und brachte Leute dorthin. Und ich stellte fest, dass sie sich einfach in den Ort verliebten. Alle.»
In diesem Jahr findet die Kunstmesse schon zum zehnten Mal statt. Daten werden nicht publiziert, der Event lebt von Mund-zu-Mund-Propaganda. Dieses Nebeneinander von verrückter Kunst, Poster-Landschaft und ökologischem Desaster ist auf jeden Fall «very instagrammable».
Die vermehrte Aufmerksamkeit hat nun die staatlichen Behörden auf den Plan gerufen. Jetzt die Rettung des Saltonsees geplant. Vielleicht. Denn so richtig passiert ist noch nichts. Nur Albert Freys Yachtclub wurde inzwischen renoviert und erstrahlt frisch glänzend am Seeufer. Und auch die Hauspreise in Bombay Beach sind leicht gestiegen.