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Kunstbiennale statt faule Eier Bombay Beach war eine Geisterstadt – bis die Kunst kam

Bombay Beach war einst ein quirliges kalifornisches Ferienparadies. Eine Umweltkatastrophe verwandelte es in eine Geisterstadt. Seit kurzem zieht der Ort aber Künstler aus aller Welt an, die das trostlose Städtchen wieder zum Leben erwecken.

Einst galt ein Häuschen in Bombay Beach als gute Investition. Am Ufer des Saltonsees gelegen wurde der Ort in den 1950er-Jahren als Ferientraum vermarktet, wo sich unter anderem Frank Sinatra, Jerry Lewis und die Beach Boys vergnügten.

Retro-Schild des Bombay Beach Drive-In mit alten Autos.
Legende: Einst ein Ferienort, war Bombay Beach zwischenzeitlich verfallen – und ist es teils immer noch. Doch Kunstschaffende erobern den Lost Place zurück. IMAGO/Dreamstime

Hotels wurden gebaut, Golfclubs und sogar einen Yachtclub gab es hier, gebaut vom Schweizer Architekten Albert Frey. Zu den besten Zeiten besuchten jährlich 1.5 Millionen Touristen das Erholungsgebiet.

Der Saltonsee entstand 1905, als Hochwasser einen Damm des Colorado River durchbrach und ein ausgetrocknetes Seebett flutete. Der Kanal wurde repariert, doch der See blieb bestehen. Er ist mit 1000 Quadratkilometer der grösste See Kaliforniens, mitten in der Wüste – circa eine Stunde entfernt von Palm Springs. Ein Gewässer ohne Abfluss.

Das Ende der Salton Rivera

Von Ferienstimmung zeugt heute nur noch ein vergilbtes Billboard am Ortseingang. In den 1970er-Jahren nahm das Desaster seinen Anfang: Aufgrund extremer Trockenheit begann der See auszutrocknen und gab einen schlammigen Meeresboden frei, der mit Pestiziden aus landwirtschaftlichen Abwässern verseucht war.

Toter Fisch und Müll in einer trockenen Salzwüste.
Legende: Kein Ort mehr zum Ferienmachen: Im Saltonsee landen Salze aus den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen. Der Salzgehalt liegt über dem von Meerwasser – ein ökologischer Alptraum. (2001) Keystone/AP Photo/Damian Dovarganes

Der Salzgehalt stieg, Fische und Vögel starben. Ätzender Gestank nach faulen Eiern und toten Fischen vertrieb die Feriengäste. Albert Freys Yachtclub schloss seine Türen und gammelte fortan vor sich hin. In Bombay Beach wohnen blieben die, die es sich nicht leisten konnten, wegzuziehen.

Heute leben noch circa 200 Bewohner in Bombay Beach. Geblieben ist auch die Bar «Ski Inn». Ein Zufluchtsort für die Überlebenden mitten im postapokalyptischen Alptraum: Die meisten Häuser und Grundstücke sind verlassen. Im Internet warnten Besucher davor, hier eine Nacht zu verbringen. Bombay Beach schien lange Zeit dem Untergang geweiht.

Doch es gibt Hoffnung

Vor circa zehn Jahren entdeckten Künstler und Hipster aus aller Welt den rauen Ort als Spielwiese für sich. Auf den verlassenen Grundstücken entstanden bizarre Skulpturen: Türen führen ins Nirgendwo, eine Bali-Schaukel lädt über toxischem Wasser zum Schwingen ein, Spiegelsäle schmücken unbewohnte Trailer. Und es entsteht immer mehr Kunst.

Mittlerweile kann man in Bombay Beach Museen und Kunstgalerien besuchen, im Autokino Filme anschauen und sich im tiefsten Club Kaliforniens die Nächte um die Ohren schlagen. Grossen Anteil am künstlerischen Aufschwung hat die jährliche Kunstmesse: die Bombay Beach Biennale.

Und dann: eine Kunstmesse

Im Jahr 2015 gründete Tao Ruspoli mit ein paar Freunden die nicht kommerzielle Messe: «Ich fuhr immer wieder nach Bombay Beach und brachte Leute dorthin. Und ich stellte fest, dass sie sich einfach in den Ort verliebten. Alle.»

Vier Personen laufen über sandige Erhöhung, Schild mit Aufschrift 'Get Over It'.
Legende: Seit 2015 beleben Kunstschaffene mit ihren Performances während der Bombay Beach Biennale das Städtchen südlich von Palm Springs. Keystone/EPA/ETIENNE LAURENT

In diesem Jahr findet die Kunstmesse schon zum zehnten Mal statt. Daten werden nicht publiziert, der Event lebt von Mund-zu-Mund-Propaganda. Dieses Nebeneinander von verrückter Kunst, Poster-Landschaft und ökologischem Desaster ist auf jeden Fall «very instagrammable».

Die vermehrte Aufmerksamkeit hat nun die staatlichen Behörden auf den Plan gerufen. Jetzt die Rettung des Saltonsees geplant. Vielleicht. Denn so richtig passiert ist noch nichts. Nur Albert Freys Yachtclub wurde inzwischen renoviert und erstrahlt frisch glänzend am Seeufer. Und auch die Hauspreise in Bombay Beach sind leicht gestiegen.

Streaminghinweis

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Aktuell auf Play SRF verfügbar: In ihrem Dokumentarfilm «Passing through» zeigt Filmemacherin Sarah Remetch Ingram das heutige Bombay Beach: eine wilde Mischung aus Endzeitstimmung, Kreativität und jeder Menge Sand.

SRF 1, Sternstunde Kunst, 6.4.2025, 12:00 Uhr

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