Die Gamer-Szene nutzt die virtuelle Realität – kurz VR – schon länger. Dazugehörige Brillen sind derzeit aber noch kaum verfüg-, geschweige denn bezahlbar. Sie sind sperrig und lösen bei vielen Menschen Übelkeit aus. An der re:publica glauben trotzdem viele, dass das Tragen von VR-Brillen oder -Linsen in Zukunft so normal sein wird wie heute das Benutzen von Smartphones: Menschen kaufen eines Tages in virtuellen Läden ein, reisen virtuell in fremde Länder, entwickeln intime Beziehungen zu virtuellen Personen.
Das Zauberwort der Stunde lautet dabei Immersion: das absolute Eintauchen in das Gezeigte. Ein Anliegen, dass VR-Designer mit Kunstschaffenden verbindet. Wie lässt sich bildende Kunst und VR so zusammendenken, dass ein Eintauchen in Kunstwerke möglich wird? Diese Frage beschäftigt vier Projekte, die an der re:publica vorgestellt wurden.
1. «M.C. Escher goes VR»
Niemals endende Treppen und verschachtelte Gebäude: Mit den unmöglichen Bildern des niederländischen Malers M.C. Escher (1898-1972) befasst sich das Projekt «M.C. Escher goes VR». Es versetzt beim Aufsetzen der VR-Brille in ein offenes Gebilde aus Säulen, in dem man sich im 360-Grad-Winkel umsehen kann. Wer Sterne am Nachthimmel fokussiert, verändert die Umgebung. Durch die Lust, in dieser real wirkenden Welt das Unmögliche zu suchen, kommt man dem Erleben von Eschers Bildern erstaunlich nahe. Geschaffen wurden es vom Cologne Game Lab in Köln und ist aktuell Teil einer Escher-Ausstellung im rheinländischen Brühl.
2. «Refrakt»
Nicht auf virtual sondern augmented Reality – also das Erweitern des Wahrgenommenen – setzt «Refrakt»: Die beiden Medienkünstler Carla Streckwall und Alexander Govoni arbeiten mit existierenden Gemälden und verwandeln sie in bewegte, virtuelle Bilder. Wenn man sich originalen Kunstwerken in New York, London, Berlin oder Paris mit der eigens dafür entwickelten App nähert, steht ein Stillleben nicht mehr still, das Bild fliesst aus dem Rahmen oder wird wie ein ungenutztes Möbelstück mit einem weissen Tuch bedeckt.
3. «The Doghouse»
Der Tisch ist für fünf Personen gedeckt. Wer sich setzt, erhält statt Messer und Gabel eine VR-Brille und Kopfhörer – und eine Szene am Familientisch beginnt. In der Installation «The Doghouse / Skammekrogen» des dänischen Künstlerkollektivs Makropol erlebt jeder Teilnehmer diese durch die Augen eines anderen Familienmitglieds. Geheimnisvoll und unheimlich wirkt die Tischgesellschaft daher von aussen: Die Beteiligten drehen ihre Köpfe in unterschiedliche Richtungen ohne sich dabei anzublicken – und ohne dass sich erschliesst, was sie dort sehen oder hören können.
4. «Lucid Trips»
Als könnte man auf den Händen gehen und fliegen: Wer in die Bilder «Lucid Trips» eintaucht, trägt ein Headset und Controller für die Hände. Bewegt man sich mit den Armen vorwärts, reist man in eine virtuelle Welt. Was wegen dieser Mechanismen an ein Game erinnert, soll laut Sara Vogl zeigen, wie genuine VR-Kunst aussehen kann. Sie hat mit einem Team von VR-Designern psychedelische Klänge und leuchtende Landschaften entwickelt und mit bildenden Künstlern wie Neo Rauch oder dem Digital Artist Phil Herold zusammengearbeitet.