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Bild 1 von 6Legende: Im Zentrum der Reportage «Footnotes in Gaza» (2009) stehen zwei Tage in Gaza während der sogenannten Suezkrise. Joe Sacco
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Bild 2 von 6Legende: Joe Sacco hat zahlreiche Menschen interviewt, die die Militäroperationen erlebt und überlebt haben... Joe Sacco
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Bild 3 von 6Legende: ... dabei zeigt er auch die Schwierigkeiten seiner Recherche: Aussagen widersprechen einander oder gehen in Legenden auf. Joe Sacco
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Bild 4 von 6Legende: Aus dem Band «The Fixer» (2003), in dem Sacco die Belagerung Sarajevos in den 1990er-Jahren beschreibt. Joe Sacco
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Bild 5 von 6Legende: Sacco als Journalist, auf der Suche nach einem Ortskundigen in Sarajevo – einem sogenannten «Fixer». Joe Sacco
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Bild 6 von 6Legende: Ein weiteres Werk über Bosnien: «Šoba!» von 1998. Joe Sacco
Joe Sacco zeichnet sich selbst stets leicht karikiert: mit dicken Lippen und einer Sonnenbrille, die statt Augen zwei runde, weisse Flecken zeigt. So ist er in seinen Reportagen unterwegs in Palästina, Bosnien oder auf Malta, wo er das Schicksal der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zeichnerisch dokumentiert. Immer dabei hat er eine Tasche. Darin ist sein Reporterwerkzeug verstaut: Fotokamera, Aufnahmegerät, Stift und Papier.
Er spricht über Missbehagen und Zweifel
Ein Comiczeichner, der sich selbst darstelle, verleihe seinen Bildern Glaubwürdigkeit, sagt Anette Gehrig, Kuratorin und Direktorin der Cartoonmuseums: «Als Journalist tritt er selbst im Comic auf; er spricht über sein Missbehagen, aber auch über seine Misserfolge, seine Zweifel, sein Unklarheiten und verbirgt nichts – das schafft eine gewisse Wahrhaftigkeit.»
Sacco legt also zeichnerisch offen, dass er an gewisse Informationen nicht herankommt, dass er widersprüchliche Aussagen erhält. Er thematisiert, was die teilweise traumatischen Erlebnisse seiner Zeugen, etwa in Gaza, mit deren Erinnerung machen. Das tut er mit schwarzer Tusche, die Hintergründe sind ausschraffiert bis ins letzte realistische Detail.
Im Cartoonmuseum Basel kann man diese aufwendige Technik auf 150 Originalen bewundern. Und auch, wie Sacco das Geschehen stets aus verschiedensten Perspektiven zeichnet. «Eines der Bilder zeigt wunderschön, wie Sacco auf einem Bild verschiedene Perspektiven vereint: jene der Täter und Opfer, aber auch die der Person, die die Geschichte erzählt», sagt Anette Gehrig.
Verschiedene Perspektiven in einem Bild
Sacco wird 1960 auf Malta geboren. In den USA studiert er Journalismus. Zeichnen ist ein Hobby, das er später zum Beruf macht. Sein Vorbild ist der satirische Comicautor Robert Crumb. In dessen Tradition zeichnet Sacco während seinen Anfängen in den 1980er-Jahren autobiographische und satirische Cartoons.
Doch schon bald rückt die Politik in seinen Fokus, etwa in der Geschichte «War Junkie», wo er sich selbst als nachrichtensüchtiger TV-Konsument während des Irakkriegs karikiert. Und schliesslich erscheint Mitte der 1990er-Jahre seine erste lange Comicreportage über das krisen- und kriegsgeplagte Palästina. Das sei damals ein Novum gewesen in der Comicszene, sagt Anette Gehrig: «Es ist Saccos Verdienst, dass die Comicreportage wiederentdeckt und weiterentwickelt wird; er hat viele junge Künstler beeinflusst und zieht eine ganze Generation nach sich.»
Der Reportage blieb er bis heute treu. Doch aktuell knüpft der 55-jährige Zeichner wieder vermehrt an seine cartoonistischen Arbeiten an. Der Kreis schliesst sich: Joe Sacco ist wieder bei seinen Anfängen angelangt. Und mit ihm die Besucherin im Cartoonmuseum, das diesen künstlerischer Weg in seinen Räumen anschaulich erfahrbar macht.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.11.2015, 17:15 Uhr.