In die Rolle einer Kuratorin schlüpfen und selbst eine Ausstellung planen oder ein Rätsel zu einem Kunstwerk lösen: Viele Schweizer Museen hatten sich im Frühling digitale Alternativen überlegt, um ihr Publikum auch im Shutdown bei Stange zu halten.
Jetzt, im zweiten Shutdown, wird klar: Die Alternativen ersetzen nicht, was man vor Ort im Museum erleben kann. Das sagt etwa Raffael Dörig, der sich mit digitaler Kunst bestens auskennt und das kleine Kunsthaus Langenthal leitet: «Es kann nicht alles durch die Formen, die jetzt möglich sind, ersetzt werden.»
Virtueller Museumsbesuch
Trotzdem experimentieren einige Häuser: Die Fondation Beyeler beispielsweise, ist seit Kurzem als Spielort im Computergame «Animal Crossing» präsent.
Die meisten Schweizer Museen bieten im zweiten Shutdown digitale Ausstellungsangebote an: Zum Beispiel mit Videoführungen oder Wettbewerben auf Instagram.
4 Minuten statt 2 Stunden
Im Kunstmuseum Basel hat man die Nutzung der digitalen Angebote vom Frühling ausgewertet: Auf dem digitalen Rundgang zur Ausstellung «Picasso, Chagall und Jawlensky» verweilten die Online-Besucherinnen zwischen zweieinhalb bis drei Minuten.
Bei der aktuellen Ausstellung zu Rembrandts Orient bleiben sie sogar doppelt so lange: «Wir haben eine durchschnittliche Verweildauer von vier Minuten.», erklärt Mirjam Baitsch, zuständig für die digitale Kommunikation des Museums.
«Man kann in die Werke reinzoomen und viel näher an ein Werk herangehen als im Museum. Aber es ist natürlich trotzdem nicht die gleiche Qualität.»
Amerikanisches Vorbild
Vier Minuten ist viel für die sonst so kurze Aufmerksamkeitsspanne im Netz. Aber ist es für eine Ausstellung genug? Zweifel sind zumindest angebracht. Wie es vielleicht gehen könnte, zeigen US-amerikanische Museen. Mit viel geld haben einige in der Pandemie ihre Internet-Angebote aufpoliert.
Ein leuchtendes Beispiel ist das weltberühmte Metropolitan Museum of Art in New York das MET.
Via Smartphone gehen die Besucherin und der Besucher durch virtuelle Räume. Das Museumsgelände wurde digital nachgebildet und die Kunstwerke zu einer Best-Of-Auswahl arrangiert. So wird das Museum erlebbar wie nie zuvor.
Es fehlt an Geld
Da stellt sich die Frage: Haben sich die Schweizer Museen hier eine Chance vergeben? Es sei eine Frage der finanziellen Möglichkeiten, sagt Sabine Himmelsbach, Expertin für digitale Projekte vom Haus für elektronische Künste in Basel:
«Man hat am Beispiel des MET-Museums gesehen, dass sie einen Wirtschaftspartner haben. Das zeigt auf, dass solche Vorhaben viel Geld kosten. Daran mag es dann bei einigen Museen scheitern.»
Es fehlt also am Geld. Einige Schweizer Museen greifen deshalb im Shutdown auf analoge Alternativen zurück. Sie zeigen Installationen im Freien, projizieren Werke an Häuserwände oder zeigen Gemälde in geschlossenen Läden in Schaufenstern.
Einfallslos sind die Schweizer Museen nämlich nicht. Nur langsam aber sicher auch müde von den virtuellen Auftritten.