Die Bilder der Bührle-Stiftung sind Meisterwerke der Impressionisten. Doch die Sammlung ist auch ein heisses Eisen. Denn Waffenfabrikant Emil Bührle sorgt erneut für Kontroversen, seit bekannt wurde, dass seine Bilder als Leihgaben im neu erweiterten Kunsthaus Zürich zu sehen sein werden.
Bührle kaufte Meisterwerke mit dem Gewinn aus Geschäften mit Nazideutschland, profitierte von Zwangsarbeit im NS-Regime, musste einige Bilder seiner Sammlung als NS-Raubkunst zurückgeben und förderte als Mäzen das Kunsthaus Zürich entscheidend.
Die kürzlich publizierte Studie der Universität Zürich, die Stadt und Kanton in Auftrag gaben, belegt das.
Verantwortungsvoller Umgang versprochen
Als diese Studie im November 2020 vorgestellt wurde, versicherte die Zürcher Stadtpräsidentin Corinne Mauch in Bezug auf die Präsentation der Bilder im Kunsthaus: «Die umstrittene Person Emil Bührle soll in ihren unterschiedlichen Kontexten eingeordnet werden. Die Museumsbesuchenden sollen spüren, dass Zürich verantwortungsvoll mit der Sammlung Bührle umgeht.»
Die Botschaft der Stadtpräsidentin: Hier gehts um Transparenz und Verantwortung. Nicht darum, eine heikle Geschichte unter den Teppich zu kehren, um mit tollen Impressionisten rücksichtslos Standortmarketing zu betreiben.
Online-Petition setzt sich für kritischen Umgang ein
Doch daran zweifelt die Interessensgemeinschaft «Transparenz für die Aufarbeitung und Vermittlung des Kunsthaus-Bührle-Komplexes» – und lancierte eine Online-Petition, die heute dem Stadtrat übergeben wurde.
Rund 2'000 Unterzeichnende fordern darin einen Dokumentationsraum im Kunsthaus, der die Geschäfte Emil Bührles angemessen kritisch darstellt.
Im Kunsthaus reibt man sich erstaunt die Augen: «Es ist überraschend, dass Pläne, die längst beschlossenen Sache sind, von einer Interessensgemeinschaft aufgenommen und als ihre Forderungen vorgebracht werden», so Kunsthaus-Sprecher Björn Quellenberg.
Offene Türen am Kunsthaus Zürich
Natürlich werde es einen vorgelagerten Dokumentationsraum geben und natürlich würde da die Geschichte von Bührle und seiner Sammlung kritisch dargestellt.
Die Petition fordert allerdings auch, dass der Kontext zu den schönen Bührle-Bildern nicht vom Kunsthaus allein erarbeitet werde. Unabhängige Expertinnen und Experten sollen mitarbeiten – eben weil das Kunsthaus jahrelang vom Mäzen Emil Bührle profitiert habe.
Unabhängige Experten gefordert
«Das Kunsthaus hat von Emil Bührles Mitteln und Möglichkeiten unglaublich profitiert. Von daher ist es fast verständlich, dass das Kunsthaus befangen ist», so der Historiker Thomas Buomberger, einer der Initianten der Online-Petition.
Kunsthaus-Sprecher Björn Quellenberg weist den Vorwurf der Befangenheit zurück: «Wir werden uns objektiv mit der Forschung befassen und sämtliche uns verfügbaren Quellen nutzen. Wir sehen nicht ein, wieso wir uns in dieser Sache externe Experten ins Haus holen sollen.»
Eröffnungstermin gesetzt
Der Streit um die Einbettung der Bührle-Bilder geht also weiter. Der Zürcher Stadtrat berät die Online-Petition. Die Zeit drängt. Im Herbst wird die Ausstellung der Bührle-Bilder im erweiterten Kunsthaus eröffnet – mit oder ohne externe Expertise.