Er gilt als einer der meist beachteten Zeichenkünstler seiner Generation: Der Genfer Marc Bauer. Nun zeichnet ihn das Bundesamt für Kultur mit dem Prix Meret Oppenheim aus: Als einer von vier herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des Jahres. Im Interview erzählt Marc Bauer, warum Zeichnen in der heutigen Zeit wichtiger ist denn je.
SRF: Herzliche Gratulation zum Prix Meret Oppenheim. Sie erhalten mit Mitte 40 den grossen Schweizer Kunstpreis. Was kommt jetzt noch?
Ja, ich bin vielleicht tatsächlich noch ein bisschen jung für diesen Preis, andererseits: Ich arbeite seit zwanzig Jahren kontinuierlich an meiner Kunst.
Sie arbeiten seit 20 Jahren an Zeichnungen. Was interessiert Sie daran?
Das Schöne an der Zeichnung ist, dass sie immer Kommunikation ist. Jede Idee fängt mit einer Zeichnung an. Ausserdem ist es ein günstiges Medium, zeichnen kann man überall. Vielleicht gilt die Zeichnung als etwas altmodisch, sie ist langsam. Aber ich glaube, sie ist gerade heute sehr wichtig.
Warum?
Weil die Zeichnung den schnellen Bilderstrom, der täglich auf uns einprasselt, verlangsamt. Man kann sozusagen einen Pausen-Knopf drücken und sich auf etwas konzentrieren.
Vielen Ihrer Zeichnungen liegen Vorlagen zugrunde, etwa Fotos oder Videos. Wie wählen Sie aus?
Normalerweise interessiert mich das, was ich nicht ganz verstehe. Ich arbeite zur Zeit zum Beisipel viel zum Thema künstliche Intelligenz.
Mich interessiert die Entwicklung des Internets, von der der anfänglichen Utopie in den 90er-Jahren bis hin zu den heutigen Fake News und Trollen. Ich will nachspüren, wie diese Veränderung passiert ist.
Und wie bannen Sie das alles auf eine Zeichnung?
Ich mache Installationen aus mehreren Zeichnungen oder ich arbeite in Serien. Mehrere Zeichnungen ergeben dann zusammen eine Art Geschichte und ich habe mehr Platz, um etwas zu entwickeln.
Die Geschichte als Narration ist ein Thema für Sie, aber auch die historische Geschichte. In Ihren Arbeiten finden sich häufig Verweise auf Historisches, warum?
Mich interessiert Geschichte nicht als linearer Ablauf. Es sind eher die Motive, die wiederkehren, die mich faszinieren.
Also: Warum passieren Rückgriffe auf Historisches? Wie lässt sich mit Vergangenem über die Gegenwart sprechen? Darum findet sich in meinen Arbeiten immer eine starke Beziehung zwischen der Vergangenheit und dem Heute.
Das Gespräch führte Ellinor Landmann.