Die Kritik an kolonialen Gütern in Museen wächst. Länder wie Frankreich arbeiten seit einigen Jahren verstärkt daran, die Herkunft ihrer Sammlungen aufzuarbeiten und koloniale Güter zurückzugeben.
Die Schweiz steht mit dieser Arbeit noch am Anfang. Das soll sich nun ändern: Acht Schweizer Museen haben sich unter Führung des Museums Rietberg zusammengeschlossen, um gemeinsam die Herkunft ihrer Sammlungen aus dem Königtum Benin in Nigeria zu untersuchen.
Benin Initiative Schweiz
Ziel der «Benin Initiative Schweiz» ist es, herauszufinden, welche Benin-Objekte auf Strafexpeditionen zurückzuführen sind. Auch soll untersucht werden, wie genau die Stücke in die Schweiz gelangten.
Bestände aus Benin finden sich in mehreren Schweizer Museen, darunter im Museum Rietberg in Zürich. Zum Thema Kolonialkunst in der Schweiz hat das Museum bereits eine Ausstellung gezeigt.
Dabei sei aufgefallen, dass es noch Potential zur Aufarbeitung der Verflechtung des Königreichs Benin und der Schweiz gebe, sagt Rietberg-Kuratorin Michaela Oberhofer. «Es gibt es noch sehr viele Unklarheiten, wie der Transfer von den Objekten genau ausgesehen hat», sagt Michaela Oberhofer.
Raubkunst oder nicht: Forschung soll aufklären
Klar ist: 1897 kam es zu einer Strafexpedition der Briten gegen Benin City. In diesem Zuge wurden tausende Objekte geraubt. Objekte, die später in die Schweiz gelangten. Welche Objekte noch in der Kolonialzeit und welche in der Postkolonialzeit in die Schweiz gelangten, soll nun durch das Forschungsprojekt aufgedeckt werden.
Einfach werde das nicht, sagt Michaela Oberhofer, denn in solchen Objekt-Biografien spielen Händler und Sammler verschiedener Häuser eine Rolle. Deshalb sei ein gemeinsames Forschungsprojekt mit mehreren Schweizer Museen und mit Nigeria sinnvoll.
Enge Zusammenarbeit mit Nigeria
Bis zum Sommer nächsten Jahres wolle man sich erstmal einen Überblick über die Objekte der Schweizer Museen verschaffen. Dabei arbeitet die «Benin Initiative Schweiz» eng mit nigerianischen Historikerinnen und Historikern zusammen.
«Wir wollen nicht nur mit unseren westlichen Quellen arbeiten, sondern auch die Quellen und die Archive in Nigeria auswerten», erklärt Michaela Oberhofer. Auch mündliche Überlieferungen vor Ort sollen dabei berücksichtigt werden.
Anerkennung und Zusammenarbeit steht im Zentrum
Dass dabei auch Raubkunst in der eigenen Sammlung aufgedeckt werden könnte, dessen ist sich die Rietberg-Kuratorin bewusst. Sie glaube aber, dass diese Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte eine gute Chance sein könne, um eine neue Art von Beziehung mit Nigeria aufzubauen.
Dabei gehe es einerseits um Anerkennung des Unrechts, das während der Kolonialzeit geschehen sei. Aber es gehe auch um eine Zusammenarbeit in musealen und wissenschaftlichen Projekten und um eventuelle Rückgaben von Objekten: «Falls Nigeria eine Restitution wünscht, sind wir auch dafür offen», sagt Michaela Oberhofer.