Alles begann in einer Scheune. Dort hat der Verein «Gezeichnet» 2007 die erste Jahresrückblick-Ausstellung organisiert. Seit 2015 findet die Ausstellung nun im Museum für Kommunikation Bern statt. Zu sehen sind die besten Pressezeichnungen der letzten zwölf Monate. 55 Zeichnerinnen und Zeichner aus der ganzen Schweiz sind mit dabei.
Bissig, komisch, scharf
Die Stars der Szene zeigen sich mit ihren besten Werken: Die Auswahl der Werke treffen die eingeladenen Karikaturistinnen und Karikaturisten selber. Jede und jeder kann fünf Bilder einreichen. Die einzige Bedingung ist, dass die Werke publiziert sein müssen.
Zu sehen sind die prägenden Themen des Jahres 2023: die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, die Krise der Credit Suisse sowie der sexuelle Missbrauch in der katholischen Kirche.
Der erste Swiss Cartoon Award
Sensible Gemüter seien gewarnt: Das Lachen bleibt einem manchmal regelrecht im Hals stecken. Das kommt daher, dass satirische Bilder bissige Kritik am aktuellen Weltgeschehen üben und voller scharfem Witz sind, aber auch einen Spiegeleffekt haben können, bei dem die Betrachterin oder der Betrachter selbst zur Verantwortung gezogen wird. Hier geht es nicht nur ums Amüsement. Das Hirn soll sich auch bewegen.
Die besten Cartoons wurden dieses Jahr zum ersten Mal mit dem Swiss Cartoon Award ausgezeichnet. Der Freiburger Alexandre Ballaman hat den ersten Preis für seine Zeichnung «L’aide humanitaire arrive gentiment à Gaza» erhalten. «Es ist ein starkes Bild, auf dem kein Mensch zu sehen ist», lobt Jury-Mitglied Sandro Brotz. «Trotzdem kann man sich vorstellen, was es für die Menschen vor Ort bedeutet.»
Den zweiten und dritten Preis haben Caro aus Biel und Bénédicte Sambo aus Lausanne erhalten. Bei ihnen wird das handwerkliche Können und die Pointe aus der spitzen Feder gewürdigt, denn Pressezeichnungen setzten einen wichtigen Gegenpunkt zu all den digital und künstlich generierten Bildern, die uns umgeben.
Die Szene der Schweizer Karikaturistinnen und Karikaturisten ist aktiv und lebendig. Es kommt immer wieder talentierter Nachwuchs hinzu, der es schafft, die Pointe mit wenigen Strichen aufs Papier zu bringen. Davon sind anscheinend nur zehn Prozent dem Zeichnen an sich gewidmet, 90 Prozent ist Kopfarbeit. So kommt es dann auch zu einer «geistvollen» Satire.
Westschweizer sind mutiger
Bei der Betrachtung der Zeichnungen werden auch die Unterschiede zwischen der Romandie und der Deutschschweiz offensichtlich. Gemäss Organisationskomitee der Ausstellung sind die Westschweizer allgemein mutiger, wenn es darum geht, das aktuelle Geschehen anzuprangern.
Die Cartoons in der Ausstellung wurden durch Videos ergänzt, die sowohl vor Ort als auch auf der Website von «Gezeichnet» zu finden sind. Viele der bekannten Gesichter werden hier interviewt und bei ihrer Arbeit gefilmt. Es ist spannend, die Cartoons und die Vielfalt an Stilen, Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen zu entdecken.