Vom Sterben hatte er eine genaue Vorstellung. Er wünsche sich, über seinem Schreibtisch zusammenzubrechen, mitten bei der Arbeit, sagte Eberhard W. Kornfeld einmal im Gespräch. So wie einst sein «Lehrer», der legendäre Kunsthändler August Klipstein.
Auch Kornfeld arbeitete und arbeitete, bis ins hohe Alter. Nun ist er gegangen, wenige Monate vor seinem 100. Geburtstag. Friedlich zu Hause eingeschlafen sei er, meldet seine Berner Galerie.
Kunstkenner mit Charme, Schalk und Lupe
Kornfeld war Kunsthändler, Sammler und Forscher. Im langen Leben des gebürtigen Baslers spiegelt sich der Wandel des Kunstbetriebs im 20. und 21. Jahrhundert. Er habe sein Haus zu einer der berühmtesten Adressen im globalen Auktionsgeschäft gemacht, schrieb die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
In seinem Büro an der Berner Laupenstrasse schien die Zeit stillzustehen. Einen Computer hatte er nicht. Aber Kunstwerke, Fotografien, Bücher, einen Tresor. Und eine riesige Lupe, um Grafiken zu studieren. Kornfelds scharfem Blick entging nichts. Er besass Charme und Schalk. Nur die Stimme war brüchig geworden mit der Zeit.
Kornfeld begann früh, sich für Kunst zu interessieren. Als junger Mann kam er nach Bern, wurde Volontär bei August Klipstein. Nach dessen Tod führte Kornfeld die Firma weiter, mit grossem Erfolg.
Mitte der 1950er-Jahre gelang ihm der Durchbruch. Überall, so schien es, hatte er seine Hände im Spiel – auch 1968 als die Kunstmesse in Basel gegründet wurde.
Mit Gurlitt im Geschäft
Kornfeld bewegte sich während Jahrzehnten in einem goldenen Netzwerk des Kunstbetriebs, in dem Diskretion zu den harten Währungen zählt. Von seinem Grossmut haben manche profitiert.
In Bern, seiner Wahlheimat, war der Ehrenbürger bis zuletzt so gut wie unantastbar. Es gab aber auch Kritiker. Solche, die ihm unterstellten, allzu unbekümmert Handel mit historisch belasteten Kunstwerken betrieben zu haben.
Unliebsame Aufmerksamkeit erfuhr er 2013, als der Fall Gurlitt publik wurde. Kornfeld stand in einer Geschäftsbeziehung zu Cornelius Gurlitt – und hatte wohl einen wesentlichen Anteil daran, dass dieser seine Sammlung dem Kunstmuseum Bern vererbte.
Noch Jahre später ärgerte sich Kornfeld über die Rolle der Medien im Fall Gurlitt, er sah sich als Opfer einer Sensationskampagne.
Der Kunsthändler als Freund und Sammler
Gurlitt war für ihn nur einer unter vielen. Denn Kornfeld hat in seinem Leben unvorstellbar viele Werke verkauft. Über 100’000 sollen es gewesen sein. Viel Kunst hat er aber auch gesammelt. Vor allem Werke Ernst Ludwig Kirchners, mit dem er sich ein Leben lang beschäftigt hat.
Kornfeld war ein Kunsthändler mit Talent zur Freundschaft: Albert Giacometti, Sam Francis, Pablo Picasso, Marc Chagall: Mit ihnen und manch anderen Grössen war «Ebi» freundschaftlich verbunden. «Ich habe immer den persönlichen Kontakt gesucht», sagte er. «Es war aber auch eine sehr gute Zeit. Die Künstler waren zugänglicher als heute.»
Erben sollen Sammlung verkaufen
So konsequent er seine Sammlung zusammentrug, so konsequent plante er auch, was damit geschehen soll: Ausgewählte Werke hat er längst Museen vermacht, «um Lücken zu füllen».
Doch der grosse Rest soll nicht in Museen landen, diesen «Leichenkammern der Kunst», wie er sie nannte. Seine Erben sollen die Sammlung zurück auf den Kunstmarkt bringen.