Philipp Hildebrand kennt sich mit Präsidentenämtern aus: Er war Nationalbankpräsident, ist aktuell Vizepräsident beim weltgrössten Vermögensverwalter BlackRock – und soll nun auch Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft werden.
Zur Neuwahl des Präsidiums kommt es wegen des Tods von Anne Keller Dubach. Sie leitete den Trägerverein des Zürcher Kunsthauses nur für zwei Monate und verstarb im vergangenen September.
Eine Wahl – ein Kandidat
Die anstehende Wahl scheint denkbar simpel: Philipp Hildebrand ist der einzige Kandidat, welcher der Vorstand vorschlägt. Das stösst der IG Transparenz sauer auf. Die Interessensgemeinschaft setzte sich schon vor anderthalb Jahren für die Prüfung der umstrittenen Bührle-Sammlung ein und forderte: «Licht in die Kunstsammlung Bührle!»
Nun nimmt die Gruppe auch zur einsamen Kandidatur Hildebrands Stellung: «Man hat den Eindruck, dass gewissermassen in einem Hinterzimmer diese Präsidentschaft aufgegleist worden ist», kritisiert IG-Mitglied Thomas Buomberger. «Für diese wichtige Funktion, gerade in diesem politisch und kulturell delikaten Umfeld, wäre es wichtig gewesen, dass man auch andere Kandidaturen hätte diskutieren können.»
Hildebrands internationaler Blick
Kunsthaussprecher Björn Quellenberg weist die Kritik zurück. Der Vorstand habe mehrere Vorschläge geprüft. Die Nomination von Philipp Hildebrand sei ein einstimmiger Entscheid.
Neben Hildebrands Erfahrung im Management fiel vor allem seine Vernetzung ins Gewicht: «Hildebrand ist lokal stark vernetzt, hat aber auch eine internationale Perspektive», argumentiert Quellenberg. Gerade nach den Debatten rund um Raub- und Fluchtkunst könne man diesen internationalen Blick gut gebrauchen.
Mit Hildebrand wäre einmal mehr jemand aus dem Finanzsektor Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft. Das kritisiert die IG Transparenz: «Man kann sich schon fragen, was wichtiger ist: die Vernetzung in der Finanzwirtschaft oder die Verortung in der Kunst- oder Kulturszene.» Buomberger hätte sich einen Kandidaten mit kunsthistorischen Kenntnissen gewünscht, gerade im Hinblick auf die Provenienzforschung, die nun im Kunsthaus ansteht.
Kunsthaussprecher Quellenberg versteht die Forderung nicht. Schliesslich liege die Kunst-Expertise bei der Direktion und im Kuratorium. Im Vorstand gehe es hingegen darum, gute Rahmenbedingungen zu schaffen: «Da ist eher jemand gefragt, der wirtschaftsnah ist und Managementqualitäten mitbringt.»
Hildebrand als Reputationsrisiko?
Mit guten Rahmenbedingungen ist auch das Sponsoring gemeint. Der frühere Präsident Walter Kielholz etwa war Chef bei Swiss Re und der CS, beides Hauptsponsoren des Kunsthauses.
Doch genau mit Blick auf das Sponsoring würde die Kunstgesellschaft mit Hildebrand ein Reputationsrisiko eingehen, so IG-Mitglied Thomas Buomberger. «Es ist irritierend, dass Philipp Hildebrand die Sanktionen der Schweiz gegenüber Russland kritisiert hat. Vor der Wahl müsste er hierzu Stellung beziehen.» Einen weiteren Reputationsschaden könne sich Zürich und das Kunsthaus nach dem Kommunikationsdebakel um die Sammlung Bührle nicht leisten.
Ob Philipp Hildebrand das Präsidium der Zürcher Kunstgesellschaft übernehmen wird, entscheiden nun die Mitglieder. Das Ergebnis der schriftlichen Wahl wird Ende Mai bekannt.