Vor 30, 40 Jahren gehörte er noch zu den Darlings der Wiener Kulturszene. Doch schon damals verstörte der Kunst-Revoluzzer Gottfried Helnwein mit seinen schockierenden Sujets, hyperrealistisch dargeboten, das kleinbürgerliche Publikum – wusste dabei allerdings die kritische Intelligenz auf seiner Seite.
Kunst mit Schreckmoment
Helnweins Motive hatten und haben es aber auch wirklich in sich: Blutverschmierte Kleinmädchengesichter, eine dämonisch grinsende Micky Maus, das expressive Porträt eines schreienden Mannes, Helnwein selbst, dessen Augen mit Wundklammern zugetackert sind: Diese Arbeiten – vorsätzlich provokant – sind nichts für schwache Nerven.
Die kritische Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt, aber auch ein gewisses empathisches Interesse für malträtierte und misshandelte Kinder stehen seit Jahrzehnten im Zentrum der Helnweinschen Schockkunst; lange Zeit fand der Maler damit den Beifall des linken und linksliberalen Establishments.
Seit Helnwein eine gewisse Nähe zur Scientology-Szene durchblicken liess, ist die Zuneigung allerdings vielerorts erkaltet. Dass sich der Künstler in jüngster Zeit auch immer öfter schwurblerisch äusserte und Sympathien für Donald Trump andeutete, machte die Sache nicht besser.
Da passt es ins Bild, dass es ausgerechnet der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz war, der sich für die Errichtung eines Gottfried-Helnwein-Museum in Wien einsetzte. Gegen den Orban-Bewunderer Kurz ermittelt die österreichische Justiz wegen Korruptionsverdachts. Darüber hinaus ist der frühere Posterboy des österreichischen Konservatismus auch in der internationalen Rechten bestens vernetzt – unter anderem als «Global Strategist» des radikal-libertären US-Investors Peter Thiel.
Und von so jemandem – wenden Kritiker ein – lässt sich ein angeblich systemkritischer Künstler wie Gottfried Helnwein protegieren?
Es sei der Wunsch des früheren Bundeskanzlers gewesen, ein Helnwein-Museum in Wien einzurichten, argumentiert der Künstler. Auch der amtierende ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer soll dem Projekt wohlwollend gegenüberstehen.
Wer will es Helnwein verdenken, dass er sich da geschmeichelt fühlt? Auch Malerfürsten haben ihre Eitelkeiten.
Persönliches Museum im Prachtbau?
Einen schmucken Standort für das Helnwein-Museum haben die Befürworter des Projekts auch schon ausgemacht: die «Aula der Wissenschaften» in der Wiener Innenstadt – einen barocken Prachtbau unweit des Stephansdoms.
Dort residiert aber bereits eine andere Institution: die österreichische «Akademie der Wissenschaften». Und die denkt nicht daran, das Feld für ein vage projektiertes Helnwein-Museum zu räumen. Auch die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hat bereits abgewunken: für ein Helnwein-Projekt würden keine Mittel fliessen.
Ausgang ungewiss
Die Chancen des Malers, sich mit einem pompösen Personalmuseum in Österreichs Hauptstadt zu verewigen, stehen also eher schlecht. Der Künstler nimmt’s, nach aussen hin, gelassen.
Das letzte Wort sei allerdings noch nicht gesprochen, lässt er verlauten. Wien sei eine Schlangengrube, und mit dem Faktor Neid müsse man immer rechnen. Womit Gottfried Helnwein wiederum recht hat.