Eine schwarze Sphinx aus 80 Tonnen Zucker oder märchenhafte Bilder, die eigentlich Vergewaltigung andeuten – Kara Walker wurde durch monumentale Skulpturen und grossformatige Scherenschnitte bekannt.
Arbeiten, in denen sie sich mit Rassismus, Gewalt und Sexismus beschäftigt. Das Kunstmuseum Basel zeigt jetzt die erste grosse Schweizer Solo-Ausstellung der US-amerikanischen Künstlerin – und setzt dabei auf Zeichnungen.
Alltags-Rassismus und Sexismus
«Kara Walker hat immer gezeichnet», sagt Ausstellungskuratorin Anita Haldemann. «Aber es ist noch nicht so oft passiert, dass man sich nur auf ihre Zeichnungen konzentriert hat.»
Ein Wunder eigentlich, denn diese Zeichnungen sind schlicht umwerfend. In Rahmen und in grossen Tischvitrinen präsentiert, führen die Zeichnungen in den Walkerschen Themen-Kosmos und zeigen eine Künstlerin, die mit ungeheurer Lust und Intelligenz ans Werk geht.
Ein grosser Teil dieser Blätter stammt aus Walkers umfangreichen Arbeits-Archiv. Es sind Zeichnungen, auf denen die 51-Jährige ihre Hand trainiert, Techniken, Blickwinkel probiert und Gedanken umkreist. Zeichnend, aber auch schreibend.
Daneben finden sich Zeitungsausschnitte oder Werbeanzeigen, die den ganz normalen Alltagsrassismus und
-Sexismus beleuchten. Zum Beispiel ein Artikel aus der «Bild»-Zeitung über die erotische Ausstrahlung schwarzer Haut.
Die alten weissen Männer der Kunstgeschichte
Was bedeutet es, eine schwarze Frau zu sein? Kara Walkers Zeichnungen sind oft sehr persönlich, weisen aber immer über das Private hinaus. Das gilt auch für eine Serie von Zeichnungen, die in engem Kontakt zum Kunstmuseum Basel entstanden ist – nämlich nach Walkers Besuch des Kupferstichkabinetts.
Die Künstlerin hatte sich dort die Zeichnungen alter Meister angeschaut. «Die haben sie inspiriert, selber mal wieder diese Techniken auszuprobieren und ihre alten Pastellkreiden rauszuholen», sagt Anita Haldemann.
«So sind Werke entstanden, die sich stark mit der Tradition und Geschichte der Kunst auseinandersetzen.» Eine Geschichte, die vor allem von weissen Männern geprägt wurde.
In der Serie mixt die US-amerikanische Künstlerin historische und aktuelle Themen: So treffen Puderperücken auf Kapuzenshirts. Es gibt Zeichnungen, die an Picasso erinnern, an die weissen Gründerväter der Vereinigten Staaten und an Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA der Gegenwart.
Rollenspiele mit Barack Obama
Die Zitate und Verweise machen die Zeichnungen enorm vielschichtig. Das gilt auch für die grossformatigen Porträts von Barack Obama. Viermal hat Kara Walker den ehemaligen US-Präsidenten gezeichnet, jeweils in verschiedenen Rollen – zum Beispiel als afrikanischen Stammesfürsten mit Speer in der Hand.
Diese Zeichnung spielt auf die Diskussionen um die Echtheit von Obamas amerikanischer Staatsbürgerschaft an, mit der seine Wahl zum Präsidenten verhindert werden sollte.
Auf einem anderen Porträt zeigt die Künstlerin Obama als Othello. Einen Othello, der seinen Widersacher Jago, der die Züge Donald Trumps trägt, besiegt. Diese Rollenspiele aber auch viele andere Details in den Zeichnungen beweisen, dass Kara Walker Sinn fürs Spielerische hat – auch wenn sie gewichtige Themen verhandelt.
Für Kuratorin Anita Haldemann gehört das zu Walkers Arbeitsweise: «Sie hat Humor und Witz, Freude am Zeichnen und Experimentieren. Es geht nicht ausschliesslich um diese schwierigen Themen, obwohl sie natürlich dominieren.»