- Das Haus der elektronischen Künste zeigt die erste Schweizer Überblicksausstellung über Virtual-Reality-Kunst
- Kunstschaffende wie Alfredo Salazar-Caro oder Marc Lee laden zu atemberaubenden bis skurrilen virtuellen Reisen ein.
- Laut Kuratorin Tina Sauerländer setzen sich die Kunstschaffenden kritisch mit dem Medium auseinander.
Immersion, also Eintauchen in eine virtuelle Umgebung, ist das Zauberwort. Und der Zauber der virtuellen Realität (VR) ist, dass man in sie eintauchen kann. Das macht die VR-Technik interessant für militärische oder medizinische Ausbildungen, für Unterhaltung, Games – und auch für die Kunst.
Im Haus der elektronischen Künste bei Basel ist nun die erste Schweizer Überblicksausstellung über künstlerische Versuche mit dem Medium VR zu sehen. Wer sich umsieht, entdeckt also viele Menschen mit riesigen Brillen, die unsicher durch den Raum tapsen.
Den eigenen Körper vor dem Eintritt abgeben
Sie bewundern zum Beispiel Alfredo Salazar-Caros Paradiesgarten. Inmitten exotischer Pflanzen sieht man mit der Datenbrille auf der Nase an riesenhaften Skulpturen hoch.
Richtet man den Blick allerdings nach unten, sieht man nicht seine eigenen Beine, sondern mystische Nebel und blassrosa Farbschlieren.
Das Kunstwerk des US-amerikanischen Künstlers Alfredo Salazar-Caro erlaubt eine atemberaubende Reise an einen fremden Ort und die Reflexion darüber, was es heisst, in der virtuellen Welt Erfahrungen zu sammeln, obwohl es sie nicht gibt.
Den eigenen Körper scheint man derzeit vor dem Eintritt noch an der Garderobe abgeben zu müssen, wie Theaterbesucher früher ihre Hüte.
Auch Marc Lees Arbeit «10.000 moving cities - same but different» spielt mit der Idee der virtuellen Reise. Mittels Blick kann auf einer Landkarte ein Ziel ausgewählt werden. Anschliessend werden Fotos dieses Ortes auf Wolkenkratzer projiziert, in denen man sich bewegen kann. Ich wählte übrigens Bern und spazierte entlang nächtlicher Lauben durch eine Mischung aus Gotham City und Bundesstadt. Ganz schön skurril.
Mehr als Werbung für die VR?
So verblüffend die Kunstwerke in der Ausstellung «Die ungerahmte Welt» sind: Ist das mehr als PR? Verbreiten Künstlerinnen und Künstler, die derzeit mit VR arbeiten, nicht eine neue Technik und bedienen dadurch die Interessen der Industrie dahinter?
Kuratorin Tina Sauerländer betont, die künstlerische Produktion habe kritische Ziele: «Die Künstler reflektieren mit dem Medium unsere Welt. Sie fragen etwa: Wie verändert virtuelle Realität unsere Selbstempfindung, unsere Gesellschaft?»
Der Ausstellungsraum bleibt echt
So lässt die Schweizer Künstlergruppe Fragment.In aus Lausanne die Besucherinnen und Besucher die begrenzte Freiheit in der virtuellen Realität erfahren und manipuliert ihre Bewegungen. Während Friedemann Banz und Giulia Bowinkel mit ihrer Arbeit «Mercury» die Wege zu ihren virtuellen Inselchen klar vorgeben. Und auch, was man dort tut.
Die Überblicksschau gewährt eine Momentaufnahme zur künstlerischen Produktivität mit VR. Das Überraschendste daran ist, dass diese Ausstellung tatsächlich noch in einem realen Raum stattfindet. In 10 Jahren werden wir Ausstellungen oder Kunstmessen wohl mittels VR simulieren und konsumieren.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 24.1.17, 6:50 Uhr.