Das Wichtigste in Kürze:
- Im Kino erleben Superhelden-Geschichten, die auf einer Comic-Vorlage basieren, einen Boom.
- Von diesem Hype profitieren auch Schweizer Comicläden. Ihr Umsatz wird zwar nicht grösser, aber ihre Kunden jünger.
- Allerdings springen viele neue Comic-Leserinnen nach einiger Zeit wieder ab.
Der neue «Spider-Man», «Logan» und «Wonder Woman», die «Guardians of the Galaxy» und Harley Quinn aus «Suicide Squad»: Viele Superhelden und -heldinnen, die einem Comic entsprungen sind, erobern aktuell die Leinwand.
Superhelden garantieren Erfolg
Comic-Konzerne wie Marvel und DC bauen ihr cineastisches Universum aus. Denn wenn Superhelden im Kinosaal spektakulär die Welt retten, sorgen sie an der Kinokasse meist für sensationelle Einnahmen. Unter den zehn weltweit erfolgreichsten Filme des letzten Jahres finden sich laut IMDb vier Comicverfilmungen.
Auf die Zugkraft von Comichelden setzen auch Serien wie «Legion» und «Iron Fist» – und mehrere Superhelden-Serien, die im kommenden Herbst starten.
Superhelden-Geschichten boomen – als Film und Serie, manchmal auch als Game. Kurbelt dieser Helden-Hype auch das Geschäft der Schweizer Comicläden an? Oder gräbt er ihnen eher die Kunden ab, wie kürzlich ein US-amerikanischer Comicladen beklagte (siehe Textbox)?
Kino macht neugierig
«Dass Comics so viel Aufmerksamkeit und Akzeptanz erhalten – das dient uns sehr», sagt Angela Heimberg. Sie ist Inhaberin des «Comix-Shop» in Basel, mit 35 Jahren im Geschäft einer der ältesten Comicläden der Schweiz.
Das war nicht immer so. Als Beispiel nennt Angela Heimberg «Sin City»: Der Film lief 2005 erfolgreich im Kino, machte aber kaum Leser auf den Comic neugierig.
Bei Blockbustern wie «Deadpool» oder «Suicide Squad» sei die Wirkung nun, gut zehn Jahre später, viel stärker. «Kunden fragen bei uns heute vermehrt nach Superhelden, die sie aus dem Kino kennen.»
Interesse mit kurzer Halbwertszeit
Diese Tendenz kennt auch Benno Schärli, der Geschäftsführer des «Co-Mix Remix» in Luzern. Allerdings die Nachfrage nach Comicheften im Vergleich zum Kino bescheiden. Und nach seiner Erfahrung seien vieles «Schnellschüsse»: Das Interesse für eine Figur oder Reihe habe eine kurze Halbwertszeit.
«Viele Leute gehen ins Kino und kaufen sich dann Band 1 einer Reihe, vielleicht noch Band 2. Bis Band 3 ist die Sache gegessen.» Nur zwei von zehn neuen Leserinnen bleiben dran, so Schärli.
Falsche Erwartungen
80 Prozent der neuen Kunden sind nach kurzer Zeit also wieder weg – so erlebt es auch Roland Steiner von «Analph» in Zürich. Sein Comicladen ist seit 25 Jahren auf US-amerikanische Superhelden-Reihen spezialisiert. «Niemand wird aufhören Comics zu lesen, weil es mehr Filme oder Games gibt. Aber es beginnt auch kaum jemand längerfristig wegen den Filmen Comics zu lesen.»
Ein Grund dafür liegt laut Steiner bei falsche Erwartungen der Kino-Fans: «Sie wollen eine Geschichte lesen, wie sie der Film erzählt. Aber die Comic-Reihen haben oft eine 60-jährige Tradition, sind kompliziert. Das schreckt viele wieder ab.»
Jüngere Kunden
Einig sind sich die drei Comicläden in einem Punkt: Durch den Superhelden-Boom wird ihr Umsatz kaum grösser. Aber die Kundschaft jünger.
«Bisher kauften eher ältere Sammler die Superhelden-Reihen, und zwar über Jahrzehnte», erzählt Angela Heimberg: «Durch die Verfilmungen mit coolen Figuren wie Harley Quinn kommen aber viele junge Leser dazu.»
Querulanten im Rampenlicht
Geschickte Vermarktung durch die Verlage und die Präsenz von Superhelden im Mainstream sei ein Grund, weshalb junge Menschen Comics für sich entdecken. Aber laut Angela Heimberg vom Basler «Comix»-Laden nicht der einzige.
Das liege auch an den neueren Comics selbst: «Marvel und DC haben einen grossen Aufwand betrieben, die Figuren neu zu gestalten: frecher, schräger, skurriler, bunter.»
Im Rampenlicht stehen nicht mehr nur die grossen Unangreifbaren unter den Helden, sondern auch Querschläger und Outsider. Das mache die Geschichten witzig und unterhaltsam – und treffe den Nerv der jüngeren Generation.