Nur einen Tag nach der Katastrophe in Fukushima 2011 war Dominc Nahr vor Ort. Der Fotoreporter war nicht nur einer der ersten, der die Katastrophe festhielt. Er dokumentierte das Ausmass und die Folgen so umfangreich wie kein zweiter – und das über Jahre hinweg.
Leere, Überschwemmungen, Verwüstung: Es sind Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen.
Dominic Nahr besuchte auch die evakuierte rote Zone um das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. Hier, rund zehn Kilometer vom Kraftwerk entfernt, ist selbst Wochen nach dem Reaktorunglück die Verwüstung noch zu sehen.
Die unsichtbare Gefahr macht Nahr auf seinen Bildern sichtbar, indem er die in Panik verlassenen Häuser abbildet: In diesem leerstehenden Haus in der Sperrzone wenige Kilometer vom beschädigten Kernkraftwerk entfernt läuft noch der Fernseher.
Die Bewohner hatten das Haus in aller Eile verlassen, da die Strahlungswerte gefährliche Höhen erreichten.
Obwohl Nahr selbst einiges an Strahlung abgekriegte, kehrt er immer wieder nach Japan zurück. 2014 bekommt er Zutritt zu einem Reaktor, wo es zwar keine Kernschmelze gab, aber massive Gebäudeschäden.
Im selben Jahr besuchte Nahr kranke Kinder. Er traf Familien, die ihre Hoffnung auf eine intakte Zukunft begraben hatten und in Notunterkünften festsassen.
Viele Eltern trauten den offiziellen Schilddrüsenuntersuchungen in Krankenhäusern nicht und suchten unabhängige medizinische Experten auf. Auch Taiga Tanaka begleitete Nahr bei einer solchen Untersuchung.
Nahr stellte fest, dass es hier oft zu Selbstmorden kam. Auch dieses Thema fasste er in Bilder. Hier stehen Anwohner am Strassenrand, während auf der anderen Seite Rettungsteams versuchen, in eine Wohnung zu gelangen.
Dort hatte sich kurz zuvor ein Dekontaminationsarbeiter eingeschlossen und Selbstmord begangen, indem er brennende Holzkohle einatmete.
Die Sperrzonen besuchte Nahr mehrere Male. Vielerorts sieht es noch fast so aus wie einen Tag nach dem Tsunami.
Es zeigen sich geisterhafte Bilder: Ein Puppenkopf liegt in einem verlassenen Auto in Tomioka, einer verlassenen Stadt rund 50 Kilometer von Fukushima entfernt.
«Die Zeit ist dort stillgestanden», sagt Nahr. Unter anderem auch, weil aufgrund der Strahlung in Teilen der Sperrzone die Trümmer nicht vollständig aufgeräumt werden können.
Bis ins Jahr 2018 hat Dominic Nahr die Personen und die Landschaften vor Ort dokumentiert. Nun nutzt der Fotograf die Corona-bedingt reisefreie Zeit, um seine Bilder in einem Buch zu zeigen.