Seine Schreibmaschine ratterte ohne Unterlass, die Bierdose stand stets in Reichweite und aus dem Radio tönte klassische Musik.
So inszenierte sich der selbst ernannte «Dirty Old Man» und schrieb über die Abgründe seines kaputten Lebens: Suff, Sex und Gewalt sind die schrillen Leitmotive.
Im Mittelpunkt steht meist sein Alter Ego Henry Chinaski, der den brutalen Vater, Knast, Armut und unzählige Demütigungen überlebt und im Schreiben dann seine Erlösung findet.
Underground-Kolumnist
Ohne Unterlass produzierte Bukowski teils pornografische Geschichten und Kolumnen für Underground-Blätter: Vieles davon war aber gar nicht so «dirty».
Der deutschstämmige Kalifornier schrieb auch über Pferderennen, rezensierte Bücher über Antonin Artaud und schimpfte auf «Uncle Sam» und den Literaturbetrieb: «Ich bin kein lyrischer Entertainer, und ich habe nicht vor, mich auf die goldenen Scheisshäuser der Kultur zu abonnieren.»
Erfolg in Deutschland
In Deutschland fielen Bukowskis rüde Stories und seine Prosagedichte auf fruchtbaren Boden. Auf der Frankfurter Buchmesse 1974 kam dann allmählich der Durchbruch.
Bukowkis «Gedichte, die einer schrieb, bevor er im 8. Stockwerk aus dem Fenster sprang» erschienen im kleinen Augsburger Maro Verlag. Damals war Charles Bukowski noch ein Geheimtipp.
Ikone der Gegenkultur
Durch Helmut Salzingers überschwängliche Rezension in der Musik-Zeitung «Sounds» wurde Bukowski zum Bestseller. Denn auch Übersetzer Carl Weissner traf einen Ton, der völlig neu war: unverblümt, lakonisch und rotzig.
Bukowski wurde in Deutschland zur schreibenden Ikone der Gegenkultur und seine Bücher verkauften sich in hohen Auflagen. Maro-Verleger Benno Käsmayr erinnert sich: «In dieser Zeit gab's Johannes Mario Simmel im Buchladen, und es war ziemlich trübe. Das fand ich eigentlich auch, und deswegen war ich ganz froh, dass ich Bukowski im Maro-Verlag hatte.»
Suff-Poet als Image
Dieser Erfolg interessierte auch den Buchversand «Zweitausendeins», der beim Maro Verlag in Tausender-Mengen Bukowski Bücher nachbestellte und später Bukowski werbewirksam im eigenen Verlag herausbrachte.
«Zweitausendeins» zementierte auf lange Sicht das Image des Suff-Poeten Bukowski auch mit einem passenden Werbeplakat: Man sieht den bärtigen Barden, mit Bierflasche, freigelegtem Bauch, offener Hose und einer ramponierten Stripperin im Arm.
Wie aktuell ist Bukowski?
Für Maro-Verleger Benno Käsmayr war Bukowski ein Phänomen der 1970er-Jahre, mit Vietnamkrieg, Frauenbewegung und Kampf gegen das Establishment. Seine explizit deftigen Geschichten lösen heutzutage allenfalls ein Schmunzeln statt wütenden Protest aus. Am 16. August wäre er 100 Jahre alt geworden.
Von Bukowski bleibt neben der lärmenden Pose des «Dirty Old Man» vor allem der Blues des melancholisch-ironischen Lyrikers, der sich auch selbst auf die Schippe nehmen konnte.
Ich habe 90 Tausend Dollar
Auf dem Konto
Bin 50 Jahre alt
Wiege 127 Kilo
Wache immer ohne Wecker auf
Und bin näher bei Gott
Als ein
Spatz
(«Fakten» aus dem Buch «Dante Baby, das Inferno ist da!»)