Otfried Preussler hat als Lehrer angefangen, als Volksschullehrer und später Rektor im bayerischen Rosenheim. Aber ein «Lehrer Lämpel» im Sinne Wilhelm Buschs war er nie. Eher einer, der an seinem ersten Publikum seine Geschichten erprobt und Erfolg damit hat. Das Talent dazu will er von seiner Grossmutter geerbt haben.
Ein Schulmeister mit Welterfolg
Preussler stammt aus dem Sudetenland, aus dem nordböhmischen Reichenberg, wo er 1923 geboren wurde. Als Soldat kommt er 1942 in sowjetische Kriegsgefangenschaft und ist fünf Jahre in verschiedenen Lagern interniert.
«Ich erzählte die in der Kindheit angesponnenen Geschichten zu Ende», sagte der Autor später über seine Anfänge. Er arbeitet da auch als Lokalreporter und für den Kinderfunk. Erst ab 1970 ist Otfried Preussler nur noch Schriftsteller. Da sind «Die kleine Hexe» (1957) und «Der Räuber Hotzenplotz» (1962) längst Welterfolge. «Ich hatte mein Auskommen als Schulmeister und konnte dadurch schreiben, was ich wollte», hat er in einem Gespräch zu seinem 80. Geburtstag kommentiert.
Preussler begriff Texte als Spiel
Sendungen zum Thema
Die Bücher entstehen im Laufen. Auf langen Spaziergängen, gesprochen in das Diktiergerät um später abgetippt und überarbeitet zu werden. Auch das ist eine Methode, die gut zu Preusslers ganz besonderem Sound der mündlichen Rede im Kinderbuch passt.
Er selbst lese keine Kinderbücher, das interessiere ihn nicht. So hat er für Erwachsene geschrieben und am Ende alle erreicht, angetrieben von der Sorge, niemals «kindertümelig» zu werden in seinen Büchern. Ein Graus war ihm der Gedanke, seine Texte auf ein Publikum auszurichten, auch nicht auf ein junges. Die Geschichten sollten stimmig sein, folgerichtig erzählt und spannend. Und am Ende wie ein Spiel.
Früher kritisiert, heute «politisch korrekt»
«Ich will nicht die Welt verändern», hat Preussler über sich gesagt. Das kam nicht gut an in den späten 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. «Heile Welt»-Prosa wurde ihm attestiert und seine Geschichten kritisch befragt. Das ist lang her – und doch hat Preussler noch kurz vor seinem Tod einen späten Nachhall solcher Widerreden erfahren.
«Politisch korrekt» heisst das inzwischen und zensuriert die Ausdrucksweise eines Autors. So hat es jetzt «Die kleine Hexe» getroffen, in der auch von «Negerlein» die Rede ist. Das geht nun nicht mehr. Preussler hat die Änderungen nicht kommentiert. Sie können seinem Welterfolg ohnehin nicht mehr schaden.
Geschichte seiner Generation
In «Krabat» hat Otfried Preussler die Geschichte seiner Generation gesehen, im «Hotzenplotz» vor allem ein grosses Kasperltheater. Und wenn es dort am Ende ausdrücklich heisst, Kasperl, Seppel und alle anderen seien nun «so glücklich, dass sie mit keinem Menschen getauscht hätten: nicht einmal mit sich selbst», dann ist alles gesagt. Wirklich alles.