Welches Kind kennt nicht die Geschichten vom wilden Räuber Hotzenplotz und seinen Gegenspielern: «Hotzenplotz gehört in der Schweiz zu den Kindheitserinnerungen vieler Generationen», weiss die SRF-Literatur-Redaktorin Britta Spichiger.
Auch die Filialleiterin einer Kinderbuchhandlung in Zürich, Cornelia Fadelli, bestätigt, dass sich Preusslers Bücher rund um seinen Geburtstag sehr gut verkaufen. Am 20. Oktober wäre der Autor 100 Jahre alt geworden.
Das Geheimnis von Preusslers Erfolg
Allein im deutschsprachigen Raum wurden sie bis heute über 15 Millionen Mal verkauft, weltweit in 55 Sprachen übersetzt. Vielleicht liegt das Geheimnis von Preusslers Erfolg darin, dass der Schriftsteller die Kinder in seinen Geschichten ernst nimmt.
Preusslers eigene Geschichte beginnt äusserst wechselvoll. 1923 wurde er im deutschsprachigen Teil der damaligen Tschechoslowakei geboren. Seine Kindheit war von grosser Heimatliebe geprägt, typisch für viele Sudetendeutsche, die so ihre Zugehörigkeit zum Ausdruck bringen wollten.
Verführt, inhaftiert, geläutert
Der junge Preussler war anfänglich ein begeisterter Wehrmachtssoldat und kämpfte mit 19 Jahren an der Ostfront. Ein Jahr später geriet er für fünf Jahre in Gefangenschaft in der Tartarischen Republik. Eine Zeit, die ihn traumatisierte und bis zum seinem Tod 2013 prägte.
Nach dem Krieg landeten Preussler und seine vertriebene Familie im bayerischen Rosenheim. Hier versuchte er, sich als junger Reporter und Lehrer eine Existenz aufzubauen. Die Frage, warum er und eine ganze Generation sich von Hitler verführen liessen, begleitete ihn durchweg.
1971, als Preussler bereits ein erfolgreicher Kinderbuchautor war, setzte er sich literarisch mit dieser dunklen Seite seiner Vergangenheit auseinander: mit dem Jugendbuch «Krabat», das zum Bestseller werden sollte und das viele für sein Meisterwerk halten.
Roman seines eigenen Traumas
«Krabat» beruht auf einer alten sorbischen Sage. Es ist die Geschichte des 14-jährigen Waisenjungen Krabat, der eine Lehre in einer Mühle antritt. Doch der Meister unterrichtet hier in «schwarzer Kunst», von der Krabat fasziniert ist.
Bald wird ihm bewusst, dass der Hexenmeister manipulativ und böse ist. Krabat sucht einen Weg, sich dem zu entziehen. Es ist eine Geschichte von bösen Mächten. Und der Crux, ihnen zu widerstehen.
Mit dem Buch, das später mehrfach erfolgreich verfilmt wurde, thematisiert Otfried Preussler seine eigene Verführbarkeit als junger Mann «Nie wieder wollte sich mein Vater später im Leben instrumentalisieren lassen», erzählt seine Tochter Susanne Preussler-Bitsch im aktuellen Dokfilm «Ich bin Krabat».
Anwalt der Kinder
Wie in «Krabat» sind auch Preusslers andere Bücher immer in eine magische Welt eingebettet, was sie so einmalig macht.
«Es geht in seinen Büchern um klassische Werte wie Freundschaft, Mut, Zusammenhalt», erläutert SRF-Moderatorin Britta Spichiger. «Die Bücher haben eine klare, schnörkellose Sprache. Er war immer auf Augenhöhe mit den Kindern.»
Otfried Preussler war nicht nur ein guter Geschichtenerzähler, er erkannte in Kindern auch die Chance, Dinge besser zu machen im Leben. Am Schluss des Dokfilms sagt er: «Ich möchte Ihnen nahelegen, seien Sie gut zu Kindern. Wir haben nichts Besseres.»