Ein Apriltag wie aus dem Bilderbuch. Eine einzige Kundin verliert sich in der vorletzten Vormittagsstunde im Basler Buchladen «Olymp & Hades». Sie wird ihn mit einem Taschenbuch unter dem Arm verlassen – und zwei Pixi-Büchern in der Hand. Die Anziehungskraft des Klassikers in Quadratform sei ungebrochen, sagt die Buchhändlerin Yvonne Peyer. «In den letzten Jahren hat sie sogar zugenommen.»
Genau 70 Jahre sind vergangen, seit der erste Pixi-Band erschienen ist. «Miezekatzen» erzählt von einem Stubentiger, der sich das Lecken seiner Samtpfötchen abgewöhnen soll. Der Titel markierte den Auftakt zu einer irren Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende erzählt scheint.
Bald 3000 Pixi-Titel sind bisher erschienen. Mit einer Gesamtauflage von fast 450 Millionen und jährlich gegen 13 Millionen verkauften Exemplaren ist Pixi die grösste Kinderbuchreihe der Welt.
Ein Däne in Deutschland
Vater der Pixi-Bücher war der Däne Per Hjald Carlsen. Das Ansinnen des Verlegers, der mit seiner Geschäftsidee im Gepäck von einer Amerikareise zurückkehrte: Jeder Haushalt soll sich Bilderbücher leisten können.
50 Pfennige kosteten die ersten Pixis. Das konnte sich auch eine Durchschnittsfamilie im Nachkriegsdeutschland leisten. Zum Vergleich: Ottfried Preusslers «Kleiner Wassermann» «berappte» sich seinerzeit auf das etwa Elffache.
Für Britta Spichiger, Literaturexpertin bei SRF, ist der günstige Preis nicht der einzige Grund, warum die Verkaufszahlen seit 70 Jahren in 13 Ländern durch die Kinderzimmerdecke gehen. Spichiger nennt als die Top-Selling-Points der Pixis, die ihren Namen dem englischen Wort für «Kobold» verdanken: Sie passen nicht nur in jeden randvollen Reisekoffer, sondern in jede Kinderhand. Pixis bilden die Lebenswelten der Kinder ab. Und vor allem: «Hat ein Kind ein Pixi-Buch geschafft, hat es gleich ein ganzes Buch gelesen.»
«Handwerklich meistens sorgfältig gemacht»
10 mal 10 Zentimeter, 24 Seiten, das weiche Cover: Rein äusserlich haben die Pixis sich seit 1954 kaum verändert. Inhaltlich schon. «Pixis stehen für Vielfalt, nicht für Avantgarde», schickt Britta Spichiger warnend voraus.
Dennoch: Tiere würden heute weniger verniedlicht als zu den Urzeiten der «Miezekatzen». Das Frauenbild sei auf der Höhe der Zeit, Diversität ein Thema, «auch wenn da Luft nach oben ist.» Ausserdem habe der Carlsen-Verlag Pixis mit politisch unkorrekten Vorstellungen und Stereotypen aus dem Programm genommen.
Und was ist dran am manchmal vorgebrachten Vorwurf, Pixis seien so etwas wie «Fast Food» – Bilderbücher zweiter Klasse? Man dürfe nicht alle Pixis in dieselbe Schüssel werfen, schmunzelt Spichiger. «Handwerklich sind die meisten sorgfältig gemacht.» Pixis, sagt Spichiger, dienten in erster Linie der Unterhaltung, daran sei per se nichts Schlechtes.
Ein Lieblings-Pixi hat Britta Spichiger nicht – aber gute Erinnerungen an lange Autofahrten en famille, die ohne Pixi-Bibliothek auf dem Rücksitz weniger flugs vorbeigegangen wären.
Bei Yvonne Peyer, der Basler Buchhändlerin, kommt die Antwort auf die gleiche Frage wie aus der berühmten Pistole geschossen: «Ich habe eine Freundin, die ist Buchhändlerin.» Langer Titel, lächelt sie und lässt sich kurz entschuldigen. Das Telefon klingelt.