Der Roman beginnt mysteriös: Im Wald wird eine junge verstörte Frau aufgegriffen, Gesicht, Hände und Beine sind dreckverkrustet. Da sie sich weigert, ihre Identität preiszugeben, kommt sie vorerst in eine psychiatrische Klinik.
Fast zeitgleich entdeckt die Polizei in einer nahegelegenen Villa die Leiche eines Rentners: Der Tote weist massive Schädelverletzungen und Stichwunden am ganzen Körper auf. Gibt es zwischen diesen beiden Ereignissen einen Zusammenhang? Ist die rätselhafte Frau vielleicht sogar die Mörderin?
Eine überforderte Kindheit
In langen Gesprächen versucht eine geduldige Psychiaterin der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Erst langsam öffnet sich die namenlose Patientin, erzählt widersprüchliche und schockierende Einzelheiten aus ihrem Leben und gesteht, dass sie von Alpträumen heimgesucht wird.
Aus vielen Bruchstücken setzt sich für den Leser allmählich das Bild einer völlig überforderten Kindheit zusammen: das Mädchen war oft tagelang für die Betreuung ihres Alzheimer-kranken Vaters zuständig gewesen und hatte unter der zunehmenden Entfremdung enorm gelitten.
Autobiografisch eingefärbt
Andrea Sawatzki hat in diesem Roman eigene Erfahrungen verarbeitet. Auch ihr Vater war früh an Alzheimer erkrankt, und da die Mutter auswärts arbeitete, habe sie sich oft um dessen Pflege kümmern müssen. Das sei nicht einfach gewesen und sie habe sich oft sehr einsam gefühlt.
«Mein Buch ist aber keine Autobiografie», betont die Schauspielerin. Und eigentlich auch kein Krimi, sondern eher die psychologische Studie einer traumatisierten Frau. «Mich interessiert, wie Menschen mit frühkindlichen Verletzungen umgehen. Schaffen sie es, solche Erlebnisse allmählich zu überwinden, oder kann es geschehen, dass eine jahrelange Verdrängung auch plötzlich in unkontrollierter Gewalt herausbricht?».
Einfühlen in Figuren
Als Vorbereitung für ihren Romanstoff hat Andrea Sawatzki lange Gespräche mit Psychiatern und Therapeuten geführt und Biografien von traumatisierten Menschen studiert. Durch ihren Beruf sei sie es gewohnt, in die Köpfe und Seele unterschiedlichster Figuren zu schlüpfen und sich auch in abgründige Gefühlswelten einzuleben.
Diese Routine habe ihr beim Ausgestalten ihrer Romanheldin sicher sehr geholfen. «Leider ist es aber auch so, dass man als Schauspielerin in Filmen nur ganz selten bis zum Äussersten gehen darf. Beim Schreiben hat man da viel mehr Freiheiten. Und das fand ich so spannend: dass die Arbeit nicht – wie beim Drehbuch – so beschnitten ist. »
Markante Hörbuch-Stimme
Andrea Sawatzki ist eine vielbeschäftigte Künstlerin: neben Engagements in TV- und Kinofilmen und Auftritten mit eigenem Chanson-Programm gehört sie heute auch zu den gefragtesten Sprecherinnen auf dem Hörbuch-Markt.
Ihre markante Stimme, in der sich oft Verletzbarkeit mit Stärke mischt, passt ideal für die Vertonung von Spannungsliteratur.
Persönlich mag sie gruselige Geschichten: «Ich bin ein Horror-Fan; ich liebe Horrorfilme.», gesteht sie lachend. Wohl deshalb hat sie auch eine gehörige Prise davon in ihrem eigenen Psychothriller eingestreut.